Veröffentlicht am März 15, 2024

Die entscheidende Information auf dem Ölkanister ist nicht die Viskosität wie 5W-30, sondern die spezifische Herstellerfreigabenummer (z. B. VW 504.00).

  • Ein Öl mit falscher Viskosität oder fehlenden Additiven kann den Turbolader durch Überhitzung und Verkokung zerstören.
  • Günstiges Discounter-Öl ohne Freigabe verursacht langfristig höhere Kosten durch Reparaturen (Turbolader, Partikelfilter) als jedes Premium-Öl.

Empfehlung: Gleichen Sie immer die im Fahrzeughandbuch geforderte Freigabenummer exakt mit den Angaben auf der Öldose ab. Dies ist die einzige Garantie für Motorsicherheit und Langlebigkeit.

Die Wahl des richtigen Motoröls für ein modernes Fahrzeug mit Turboaufladung gleicht einem Gang durch ein Minenfeld aus Zahlen, Kürzeln und Normen. Viele Autofahrer orientieren sich an der prominent platzierten Viskositätsklasse – 5W-30 oder 5W-40 – und glauben, damit die richtige Entscheidung zu treffen. Diese Annahme ist nicht nur unvollständig, sie ist gefährlich. Ein vermeintlich „besseres“ 5W-40 kann in einem für 5W-30 ausgelegten Motor katastrophale Schäden anrichten, die Tausende von Euro kosten.

Die gängige Meinung, dass ein dickeres Öl bei hohen Temperaturen immer mehr Schutz bietet, ist ein Relikt aus vergangenen Motorgenerationen. Moderne Downsizing-Motoren sind Präzisionsaggregate mit extrem engen Toleranzen, komplexen Ventilsteuerungen und thermisch hochbelasteten Turboladern. Sie benötigen Öle, die weit mehr können als nur schmieren. Sie müssen kühlen, reinigen, abdichten und mit Abgasnachbehandlungssystemen wie Partikelfiltern (DPF/GPF) kompatibel sein. Die eigentliche Wahrheit und Sicherheit liegt nicht in der Viskosität, sondern in einem unscheinbaren Code auf der Rückseite des Kanisters: der Herstellerfreigabe.

Dieser Artikel durchbricht den Nebel der Spezifikationen. Er zeigt Ihnen, warum die Freigabenummern von VW, Mercedes-Benz oder BMW die einzig relevante Währung bei der Ölwahl sind. Wir werden aufschlüsseln, wie die falsche Viskosität den Tod eines Turboladers bedeuten kann, warum Billigöl eine teure Sparmaßnahme ist und wie Sie zielsicher das einzige Öl finden, das Ihr Motor wirklich braucht, um ein langes und gesundes Leben zu führen. Es geht nicht darum, eine Präferenz zu treffen, sondern eine präzise technische Anforderung zu erfüllen.

Um Ihnen eine klare Orientierung in diesem komplexen Thema zu geben, haben wir die wichtigsten Aspekte für Sie strukturiert. Der folgende Überblick führt Sie durch die entscheidenden Fragen und Antworten zur richtigen Motorölauswahl.

Warum zerstört 5W-40 statt 5W-30 Ihren Turbolader nach 60.000 km?

Der Glaube, ein „dickeres“ Öl wie ein 5W-40 biete besseren Schutz als ein 5W-30, ist für moderne Turbomotoren ein fataler Irrtum. Der Schlüssel zum Verständnis liegt in der extremen Belastung des Turboladers. Seine Welle rotiert unter Volllast mit Geschwindigkeiten, die alles andere im Motor in den Schatten stellen. Wie eine Studie zeigt, erreichen moderne Turbolader Drehzahlen von bis zu 250.000 U/min. Bei diesen Drehzahlen und den gleichzeitig entstehenden hohen Temperaturen ist die schnelle und lückenlose Versorgung mit Öl überlebenswichtig.

Ein für ein 5W-30-Öl konzipierter Motor besitzt sehr feine Ölkanäle und enge Lagerspiele. Ein dickeres 5W-40-Öl benötigt länger, um nach dem Kaltstart diese kritischen Stellen zu erreichen. Noch entscheidender ist jedoch die HTHS-Viskosität (High-Temperature/High-Shear). Sie beschreibt die Stabilität des Schmierfilms unter extremen Bedingungen, wie sie an den Lagerstellen des Turbos herrschen. Motoren sind exakt auf einen bestimmten HTHS-Wert ausgelegt. Ein zu dickes Öl (höherer HTHS-Wert) erhöht den Strömungswiderstand, was zu einer schlechteren Wärmeabfuhr führt. Die Folge: Die Öltemperatur im Lader steigt, das Öl beginnt zu „verkoken“. Diese karbonartigen Ablagerungen verengen die dünne Ölzulaufleitung, bis die Schmierung abreißt. Ohne Schmierung zerstört sich die Lagerung des Laders innerhalb von Sekunden.

Checkliste: Anzeichen für falsches Öl bei Ihrem Turbomotor

  1. Ablagerungen kontrollieren: Überprüfen Sie den Öleinfülldeckel. Bräunlicher oder schwarzer Schlamm deutet auf erhöhte Verdampfungsverluste und Ölalterung hin.
  2. Auf Geräusche achten: Ein pfeifendes Geräusch, das unter Last ab ca. 1.800 U/min auftritt, ist oft das erste hörbare Anzeichen für einen beginnenden Lagerschaden am Turbolader.
  3. Ölverbrauch prüfen: Notieren Sie Ihren Ölverbrauch. Ein plötzlicher Anstieg, beispielsweise von einem Liter pro 10.000 km auf einen Liter pro 4.000 km, signalisiert oft verschlissene Dichtungen am Turbo.
  4. Blauen Rauch beobachten: Blauer Rauch aus dem Auspuff, besonders beim Beschleunigen nach einer Schubphase (z.B. bergab), ist ein klares Zeichen, dass Öl in den Verbrennungsraum gelangt.
  5. Leistungsverlust dokumentieren: Wenn der Motor an Durchzugskraft verliert, kann dies an einer durch Verkokung blockierten VTG-Verstellung (variable Turbinengeometrie) des Laders liegen.

VW 504.00, MB 229.52, BMW LL-04 – wie finden Sie das richtige Öl für Ihr Auto?

Die Verwirrung im Ölregal löst sich auf, sobald man den Blick von der Viskosität abwendet und sich auf die unscheinbaren Nummern auf der Rückseite konzentriert: die Herstellerfreigaben. Diese Codes sind keine Empfehlungen, sondern verbindliche Spezifikationen. Ein Öl, das beispielsweise die Freigabe „VW 504.00“ trägt, hat ein aufwendiges und teures Testverfahren beim Volkswagen-Konzern durchlaufen. Dabei wurde nachgewiesen, dass es exakt die chemischen und physikalischen Eigenschaften besitzt, die für eine bestimmte Motorengeneration erforderlich sind. Dies geht weit über Viskosität oder die allgemeinen ACEA-Normen hinaus und umfasst Aspekte wie Scherstabilität, Verdampfungsverlust und Verträglichkeit mit Dichtungsmaterialien.

Detailaufnahme der Rückseite eines Ölkanisters mit Herstellerfreigaben im Fokus

Der einzige Weg, das korrekte Öl zweifelsfrei zu identifizieren, ist der Blick ins Fahrzeughandbuch oder Serviceheft. Dort ist die geforderte Norm klar benannt. Mit dieser Nummer bewaffnet, können Sie jedes Öl kaufen, das diese Freigabe *namentlich* auf dem Etikett ausweist. Wie Experten betonen, ist dies der entscheidende Punkt für die Absicherung von Garantie- und Kulanzansprüchen. Ein Öl, das lediglich „entspricht“ oder „empfohlen wird für“, besitzt keine offizielle Freigabe. Die Autorität des TÜV Süd bestätigt dies unmissverständlich, wie ein technischer Bericht hervorhebt.

Nur eine namentliche Freigabe auf der Flasche bietet volle Garantie- und Kulanzsicherheit

– TÜV Süd Motorenexperte, Technischer Bericht Motorenschmierung 2024

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige der wichtigsten Freigaben deutscher Hersteller für moderne Turbomotoren. Sie zeigt, wie spezifisch die Anforderungen sind, insbesondere im Hinblick auf Abgasnachbehandlungssysteme wie den Dieselpartikelfilter (DPF).

Deutsche Herstellerfreigaben für Turbomotoren im Überblick
Hersteller Freigabe Anwendung Besonderheit
VW/Audi 504.00/507.00 Alle TDI/TSI ab 2000 LongLife-Service möglich
Mercedes MB 229.52 Diesel mit DPF ab 2005 Low-SAPS für Partikelfilter
BMW LL-04 Alle Modelle ab 2004 Pflicht bei Partikelfilter
VW 505.01 PD-TDI Motoren Spezialöl für Pumpe-Düse
Mercedes MB 229.51 Benziner ohne DPF Standard-Freigabe

Mineralöl für 25 € oder Vollsynthetik für 65 € – was braucht Ihr 15 Jahre alter Motor?

Bei älteren Fahrzeugen stellt sich oft die Frage, ob sich der Mehrpreis für ein modernes vollsynthetisches Öl noch lohnt. Die Antwort lautet in den meisten Fällen: Ja, mehr als je zuvor. Ein Motor mit hoher Laufleistung leidet oft unter altersbedingten Problemen wie Ölschlamm, beginnendem Ölverbrauch und verhärteten Dichtungen. Genau hier spielen hochwertige Synthetiköle ihre Stärken aus. Im Gegensatz zu einfachem Mineralöl, das im Grunde nur ein Basisprodukt der Erdölraffination ist, sind Synthetiköle gezielt konstruierte Schmierstoffe mit einem deutlich stabileren Molekülaufbau und einem leistungsfähigeren Additivpaket.

Diese Additive haben entscheidende Funktionen: Detergentien und Dispersanten lösen bestehende Ablagerungen (Ölschlamm) und halten neue Schmutzpartikel in der Schwebe, bis sie beim nächsten Ölwechsel abgelassen werden. Dichtungspflegemittel halten gealterte Elastomere geschmeidig und können so beginnenden Ölverlust an Simmerringen oder Ventilschaftdichtungen eindämmen oder sogar stoppen. Zudem ist die thermische Stabilität eines Synthetiköls weit höher, was die Bildung neuer Verkokungen verhindert – ein Segen für den oft noch funktionstüchtigen, aber gealterten Turbolader.

Fallstudie: BMW E90 mit 150.000 km – Umstellung auf Synthetiköl

Ein 15 Jahre alter BMW 3er (E90) mit über 150.000 km Laufleistung wurde erfolgreich von einem einfachen Mineralöl auf ein hochwertiges Synthetiköl umgestellt. Eine entscheidende Voraussetzung war eine professionelle Motorspülung vor dem Ölwechsel, um alte, hartnäckige Ablagerungen sicher zu entfernen. Das Ergebnis war beeindruckend: Der Ölverbrauch sank von ca. 1 Liter auf 5.000 km auf unter 1 Liter auf 10.000 km. Die besseren Reinigungsadditive des neuen Öls verhinderten die Bildung von neuem Ölschlamm und die enthaltenen Pflegekomponenten trugen zur Regeneration der gealterten Dichtungen bei, was die Motorlebensdauer signifikant verlängert.

Der Wechsel auf ein besseres Öl kann sich also auch bei einem älteren Motor auszahlen, nicht nur durch eine höhere Betriebssicherheit, sondern auch durch einen potenziell geringeren Ölverbrauch und eine bessere Motorsauberkeit. Wichtig ist bei einem solchen Wechsel jedoch, insbesondere bei stark verschmutzten Motoren, eine professionelle Motorspülung in Betracht zu ziehen, um zu verhindern, dass gelöste Ablagerungen die Ölkanäle verstopfen.

Warum kostet Sie 15-€-Discounter-Öl langfristig 2.000 € mehr?

Die Ersparnis beim Kauf von billigem Motoröl ohne Herstellerfreigabe ist eine der teuersten, die ein Autofahrer machen kann. Auf den ersten Blick scheinen 50 Euro Ersparnis pro Ölwechsel verlockend. Doch diese kurzfristige Kalkulation ignoriert die massiven Folgekosten, die durch minderwertige Schmierung entstehen. Einem Premium-Öl fehlen nicht nur die teuren Additive für Reinigung und Verschleißschutz, sondern vor allem die chemische Zusammensetzung (z.B. Low-SAPS), die für moderne Abgasnachbehandlungssysteme zwingend erforderlich ist.

Ein Öl mit zu hohem Sulfataschegehalt (High-SAPS) verbrennt zu Aschepartikeln, die den Dieselpartikelfilter (DPF) oder Ottopartikelfilter (GPF) unumkehrbar zusetzen. Der Filter kann nicht mehr regenerieren, der Abgasgegendruck steigt und im schlimmsten Fall erleidet der Turbolader einen Schaden. Die Kosten für einen neuen DPF (ca. 1.800 €) und einen neuen Turbolader (ca. 2.200 €) übersteigen die Ersparnis beim Ölkauf um ein Vielfaches. Ein besonders drastisches Beispiel illustriert diese Gefahr.

Fallstudie: VW Passat 2.0 TDI – Wirtschaftlicher Totalschaden durch falsches Öl

Ein VW Passat 2.0 TDI erlitt bereits nach 65.000 km einen schweren Turboschaden. Die Analyse in der Werkstatt ergab, dass statt des vorgeschriebenen Low-SAPS-Öls (VW 507.00) ein billiges, nicht freigegebenes High-SAPS-Öl verwendet wurde. Die Folgen waren katastrophal: Die Asche aus dem Öl hatte den Dieselpartikelfilter verstopft, der daraus resultierende Abgasstau führte zur Überhitzung und Verkokung der variablen Turbinengeometrie (VTG). Die Gesamtreparaturkosten beliefen sich laut einem Bericht des Fachmagazins amz auf über 4.000 € (1.800 € für den DPF und 2.200 € für den Turbolader). Sämtliche Garantie- und Kulanzansprüche wurden vom Hersteller aufgrund der nachweislich falschen Ölverwendung abgelehnt.

Die folgende Kostenrechnung zeigt, wie sich die scheinbare Ersparnis über eine Laufleistung von 60.000 km in massive Mehrkosten verwandelt. Sie berücksichtigt nicht nur das Reparaturrisiko, sondern auch den Mehrverbrauch an Kraftstoff durch höhere Reibung.

Kostenrechnung: Discounter-Öl vs. Premium-Öl über 60.000 km
Kostenposition Discounter-Öl (15€/5L) Premium-Öl mit Freigabe (65€/5L)
Ölkosten bei 4 Wechseln 60 € 260 €
Zusätzlicher Kraftstoffverbrauch +165 € 0 €
Risiko Turboschaden (20%) 440 € (2.200€ x 0,2) 0 €
Risiko DPF-Schaden (30%) 540 € (1.800€ x 0,3) 0 €
TÜV-Nachprüfung AU 150 € 0 €
Gesamtkosten 1.355 € 260 €

Neuer Turbolader für 2.500 € – sollten Sie jetzt auf Premium-Öl umsteigen?

Der Austausch eines Turboladers ist eine der teuersten Reparaturen an einem modernen Auto. Nach einer solchen Investition ist die Wahl des richtigen Motoröls nicht mehr nur eine Empfehlung, sondern eine absolute Notwendigkeit, um die neue, teure Komponente zu schützen und die Werkstattgarantie nicht zu gefährden. Ein neuer Turbolader, der in einen alten, mit minderwertigem Öl betriebenen Kreislauf eingesetzt wird, ist einem extrem hohen Risiko ausgesetzt. Metallischer Abrieb vom defekten alten Lader kann sich noch im Ölkreislauf befinden und die Lager des neuen Laders sofort wieder beschädigen.

Ein renommierter Turbolader-Spezialist fasst die Situation drastisch zusammen und verdeutlicht, warum der Ölwechsel nur ein Teil der Lösung ist.

Ein neuer Turbo mit altem, schlechtem Öl ist, als würde man eine neue Lunge in einen Kettenraucher transplantieren.

– Klaus Weber, Turbolader-Spezialist, Fachmagazin KFZ-Betrieb

Deshalb schreiben Fachwerkstätten und Turbo-Hersteller ein strenges Pflichtprogramm nach dem Austausch vor. Es geht darum, das gesamte Schmiersystem zu reinigen und sicherzustellen, dass der neue Lader unter optimalen Bedingungen startet. Die Verwendung eines Öls mit der exakten Herstellerfreigabe ist dabei ein nicht verhandelbarer Punkt. Jeder Kompromiss an dieser Stelle führt unweigerlich zum Erlöschen jeglicher Gewährleistungsansprüche für die teure Reparatur.

Mechaniker installiert neuen Turbolader in moderner Werkstatt

Folgende Schritte sind nach einem Turbotausch unerlässlich:

  1. Motorspülung: Eine professionelle Spülung entfernt Metallabrieb und Ölkohle aus dem gesamten Kreislauf.
  2. Leitungen erneuern: Die Ölzulauf- und Rücklaufleitungen des Turbos müssen zwingend ersetzt werden, da sie verengt oder innerlich kollabiert sein können.
  3. Vor-Schmierung: Der neue Lader muss vor dem ersten Motorstart manuell mit frischem Öl befüllt werden, um einen Trockenlauf zu verhindern.
  4. Leerlaufphase: Der Motor muss nach dem Einbau ca. 60 Sekunden im Leerlauf laufen, um einen stabilen Öldruck zum Lader aufzubauen.
  5. Erster Ölwechsel: Nach etwa 1.000 km sollte ein erneuter Öl- und Filterwechsel erfolgen, um eventuelle Einlaufrückstände aus dem System zu entfernen.

Warum 5W-40 statt 5W-30 Ihren Turbolader nach 80.000 km ruiniert?

Während ein sofortiger Schaden durch falsche Viskosität möglich ist, sind die Langzeitschäden oft schleichender und noch zerstörerischer. Ein Motor, der für ein dünnflüssigeres 5W-30-Leichtlauföl konzipiert ist, leidet unter einem dauerhaft verwendeten 5W-40 auf vielfältige Weise. Bei jeder Umdrehung muss die Ölpumpe gegen einen höheren Widerstand arbeiten, was sie auf Dauer verschleißt und ihre Förderleistung reduziert. Die Durchölung des gesamten Motors, insbesondere des Zylinderkopfes und des Turboladers, verlangsamt sich. Die Turbowelle, die sich bei über 240.000 U/min oder 4000 Umdrehungen pro Sekunde dreht, erhält nicht mehr den benötigten Volumenstrom zur Kühlung und Schmierung.

Doch es kommt noch ein viel gefährlicheres Phänomen hinzu, das besonders moderne Benzin-Direkteinspritzer (GDI/TSI) betrifft: LSPI (Low-Speed Pre-Ignition). Dies sind unkontrollierte Frühzündungen bei niedrigen Drehzahlen und hoher Last. Falsche Ölformulierungen, insbesondere solche mit einem ungeeigneten Additivpaket, können die Bildung von glühenden Öltropfen im Brennraum begünstigen. Diese zünden das Gemisch, bevor der Zündfunke kommt. Die dabei entstehenden Druckspitzen sind extrem und können Kolbenringe, Kolben und sogar Pleuel innerhalb von Millisekunden zerstören – ein kapitaler Motorschaden.

Eine Langzeitdokumentation an einem modernen Turbodiesel zeigt die verheerende Kette von Ereignissen, die durch die falsche Viskosität in Gang gesetzt wurde.

Fallstudie: Fiat Grande Punto 1.3 MJet – Langzeitschaden durch falsche Viskosität

Der Besitzer eines Fiat Grande Punto wechselte von dem vorgeschriebenen 5W-30 auf ein vermeintlich besseres 5W-40. Zunächst fielen nur veränderte Geräusche des Turboladers unter Last auf. Nach weiteren 15.000 Kilometern führte die erhöhte thermische Belastung durch das dickere Öl zur vollständigen Verkokung der Ölrücklaufleitung, was einen Turboschaden verursachte. Schlimmer noch: Die dauerhafte Überlastung der Ölpumpe führte zu deren Effizienzverlust, was in Kombination mit einer ungeeigneten Ölchemie letztendlich einen LSPI-ähnlichen Schaden im Brennraum auslöste. Das Resultat war ein Totalschaden an Kolben und Pleuel.

Dieser Fall zeigt eindrücklich: Die Wahl des Öls ist keine Frage des persönlichen Geschmacks. Es ist eine präzise Ingenieursentscheidung, die über die Lebensdauer des Motors entscheidet. Die Langzeitfolgen einer falschen Wahl sind oft gravierender als ein sofortiger Defekt.

Silikonspray oder Graphitfett – womit schmieren Sie Türschlösser ohne sie zu verkleben?

Auf den ersten Blick scheint die Schmierung eines Türschlosses wenig mit der komplexen Welt der Motorenöle gemeinsam zu haben. Doch das Prinzip ist identisch und fundamental wichtig: Es geht darum, den richtigen Schmierstoff für die jeweilige Anwendung zu wählen. Wer ein feines mechanisches Türschloss mit zähem Wälzlagerfett behandelt, wird es unweigerlich verkleben und zerstören. Hier ist ein dünnflüssiges, kriechfähiges Schmiermittel wie Silikon- oder Graphitspray die richtige Wahl, da es in die feinen Mechaniken eindringt, ohne Staub und Schmutz zu binden.

Übertragen wir diese Logik zurück in den Motorraum. Auch hier gibt es völlig unterschiedliche Arten der Schmierung, die völlig unterschiedliche Anforderungen an das Öl stellen. Im Kurbeltrieb, wo die Lagerflächen auf einem permanenten Ölfilm gleiten, herrscht die sogenannte hydrodynamische Schmierung. Hier ist vor allem die Viskosität bei Betriebstemperatur entscheidend. An den Zylinderwänden oder im Ventiltrieb hingegen kommt es ständig zum Kontakt zwischen Metallflächen, besonders beim Start. Dies nennt man Misch- oder Grenzreibung. Hier versagt ein reiner Ölfilm. Stattdessen müssen spezielle Verschleißschutz-Additive im Öl (z.B. auf Zink- oder Phosphorbasis) eine chemische Schutzschicht auf den Metalloberflächen bilden, die den direkten Kontakt verhindert.

Ein modernes Motoröl ist also kein Einheitsprodukt, sondern ein hochkomplexes Paket aus verschiedenen Grundölen und Additiven, das für genau diese unterschiedlichen Schmierungszustände optimiert ist. Ein Billigöl mag die hydrodynamische Schmierung bei konstanter Fahrt noch einigermaßen bewältigen, aber es versagt bei der kritischen Grenzreibung im Ventiltrieb oder während der Kaltstartphase. Die Verwendung eines Öls ohne die passende Herstellerfreigabe ist daher wie der Versuch, das Türschloss mit Wälzlagerfett zu schmieren: Es mag kurzfristig schmieren, aber es führt unweigerlich zum Versagen des Systems.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Herstellerfreigabenummer (z.B. VW 504.00) ist das einzig verlässliche Kriterium für die Ölwahl, nicht die Viskosität (z.B. 5W-30).
  • Falsches Öl, selbst mit korrekter Viskosität, kann durch Verkokung den Turbolader und durch Aschebildung den Partikelfilter zerstören, was Reparaturen von über 4.000 € nach sich ziehen kann.
  • Hochwertiges Synthetiköl mit der richtigen Freigabe senkt durch geringere innere Reibung den Kraftstoffverbrauch und amortisiert so seinen Mehrpreis.

Wie richtige Schmierung Ihren Kraftstoffverbrauch um 0,4 Liter senkt

Die Hauptaufgabe von Motoröl ist die Reduzierung von Reibung. Doch wie groß ist dieser Faktor wirklich? Er ist gewaltig. Messungen zeigen, dass bis zu 70% der mechanischen Energieverluste im Motor durch Reibung zwischen beweglichen Teilen wie Kolben, Lagern und dem Ventiltrieb entstehen. Diese Reibung muss vom Motor überwunden werden und kostet bei jeder einzelnen Kurbelwellenumdrehung wertvollen Kraftstoff. Genau hier setzen moderne Leichtlauföle an. Durch ihre optimierte Viskosität und spezielle reibungsmindernde Additive reduzieren sie diese internen Verluste signifikant.

Ein modernes 0W-20 oder 5W-30 Öl ist bei Betriebstemperatur deutlich dünnflüssiger als ein altes 10W-40 oder 15W-40. Die Ölpumpe muss weniger Energie aufwenden, um es durch den Motor zu fördern, und die beweglichen Teile gleiten leichter aneinander vorbei. Die oft geäußerte Sorge, ein dünneres Öl könne den Schmierfilm nicht aufrechterhalten, ist bei modernen Ölen mit hoher Scherstabilität unbegründet. Sie behalten auch unter Druck und bei hohen Temperaturen einen stabilen Schutzfilm.

Die Einsparung mag pro Kilometer gering erscheinen, summiert sich aber über die Jahresfahrleistung zu einem beachtlichen Betrag. Eine Reduzierung des Verbrauchs um 0,2 bis 0,4 Liter pro 100 Kilometer ist eine realistische Größenordnung beim Wechsel von einem veralteten auf ein modernes, freigegebenes Leichtlauföl. Damit amortisiert sich der Mehrpreis für das hochwertige Öl oft schon innerhalb eines Jahres allein durch die Tankrechnung – die massive Reduzierung des Verschleißrisikos noch nicht einmal mitgerechnet.

Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft, wie schnell sich der Mehrpreis für ein modernes Leichtlauföl bei aktuellen deutschen Kraftstoffpreisen allein durch die Verbrauchseinsparung rentiert.

Ersparnis durch Leichtlauföl bei deutschen Spritpreisen
Fahrleistung/Jahr Einsparung L/100km Benzinpreis Jahresersparnis Öl-Mehrpreis amortisiert
10.000 km 0,2 L 1,85 €/L 37 € Nach 16 Monaten
15.000 km 0,2 L 1,85 €/L 55,50 € Nach 11 Monaten
20.000 km 0,2 L 1,85 €/L 74 € Nach 8 Monaten
15.000 km 0,4 L 1,85 €/L 111 € Nach 5 Monaten

Die Verwendung des richtigen Öls ist somit nicht nur eine Maßnahme zur Schadensprävention, sondern auch ein aktiver Beitrag zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Diese ökonomischen Vorteile zu verstehen, rundet das Bild der richtigen Öl-Strategie ab.

Die Investition in das richtige, freigegebene Motoröl ist die günstigste und wirksamste Versicherung gegen teure Motorschäden. Sie schützt nicht nur den Motor, sondern spart langfristig Geld und sichert den Wert Ihres Fahrzeugs. Der nächste logische Schritt ist, dieses Wissen praktisch anzuwenden. Überprüfen Sie jetzt die Anforderungen für Ihr Fahrzeug und treffen Sie bei Ihrem nächsten Ölwechsel die einzig richtige, informierte Entscheidung.

Geschrieben von Martin Fischer, Martin Fischer ist Diplom-Ingenieur für Schmierstofftechnik und Tribologie mit über 17 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Anwendungsberatung für Motorenöle, Getriebeöle und technische Schmierstoffe im Automobilbereich. Er ist zertifizierter Schmierstoffexperte nach DIN 51389.