Veröffentlicht am März 15, 2024

Der häufigste Fehler bei der Motorwartung ist nicht der versäumte Ölwechsel, sondern das blinde Vertrauen in Kilometer-Intervalle, das besonders für Kurzstreckenfahrer zur teuren Falle wird.

  • Kurzstrecken zersetzen das Öl chemisch durch unverbrannten Kraftstoff und Kondenswasser, was die Schmierleistung drastisch reduziert.
  • Die falsche Viskosität (z.B. 5W-40 statt 5W-30) führt bei modernen Turbomotoren zu Überhitzung, Verkokung und letztendlich zum kapitalen Turboschaden.

Empfehlung: Analysieren Sie Ihr Fahrprofil kritisch. Bei überwiegendem Stadt- oder Kurzstreckenverkehr sollten Sie das vom Hersteller empfohlene Kilometerintervall konsequent halbieren, um teure Motorschäden zu vermeiden.

Jeder Autofahrer kennt die Faustregel: Alle 15.000 bis 30.000 Kilometer oder einmal im Jahr steht der Ölwechsel an. Doch diese starren Vorgaben sind ein Relikt aus einer Zeit, in der Fahrprofile weniger extrem waren. Heute, im Zeitalter von Stop-and-Go-Verkehr, Home-Office und optimierten Turbomotoren, ist ein solcher Ansatz nicht nur veraltet, sondern potenziell gefährlich für die Langlebigkeit Ihres Motors. Die gängige Annahme, dass nur die gefahrenen Kilometer die Ölqualität bestimmen, ist ein teurer Irrglaube. In Wahrheit ist Ihr individuelles Fahrprofil der entscheidende Faktor.

Die wahre Belastung für modernes Motoröl liegt nicht auf der Langstrecke bei konstanter Drehzahl, sondern im alltäglichen Kurzstreckenbetrieb. Hier findet ein unsichtbarer, aber zerstörerischer Prozess statt: die chemische Zersetzung des Schmierstoffs. Wenn Sie also glauben, Ihrem Auto etwas Gutes zu tun, weil es nur wenige Kilometer im Jahr bewegt wird, könnte das Gegenteil der Fall sein. Dieser Artikel bricht mit den alten Mythen und erklärt als Techniker präzise die chemischen Zusammenhänge. Wir zeigen Ihnen, warum Ihr Öl nach 10.000 Kilometern in der Stadt „älter“ sein kann als nach 30.000 Kilometern auf der Autobahn und wie Sie durch eine fahrprofilorientierte Anpassung Ihrer Ölwechselintervalle die Lebensdauer Ihres Motors entscheidend verlängern, anstatt sich blind auf die Kilometeranzeige zu verlassen.

Dieser Leitfaden führt Sie durch die kritischen Aspekte der Ölalterung. Sie lernen, die wahren Anzeichen für verbrauchtes Öl zu erkennen, die Debatte zwischen Longlife-Service und festem Intervall für Ihr Fahrprofil zu entscheiden und das exakt richtige Öl für Ihren Motor zu finden, um kapitale Schäden zu vermeiden.

Warum ist Ihr Öl nach 10.000 km Kurzstrecke so schwarz wie nach 30.000 km Autobahn?

Die dunkle Färbung des Motoröls wird oft fälschlicherweise nur mit Rußpartikeln in Verbindung gebracht. Doch die wahre Ursache für die schnelle Alterung bei Kurzstrecken ist ein aggressiver chemischer Cocktail. Bei einem Kaltstart gelangt immer eine geringe Menge unverbrannten Kraftstoffs an den Zylinderwänden vorbei ins Motoröl. Dieser Prozess wird als Ölverdünnung bezeichnet. Auf Langstrecken verdampft dieser Kraftstoffanteil wieder, da das Öl Betriebstemperaturen von über 100°C erreicht. Im Kurzstreckenverkehr bleibt diese Temperatur jedoch meist unerreicht. Der Kraftstoff verbleibt im Öl, zersetzt dessen Additive und senkt die Viskosität, also die Schmierfähigkeit.

Parallel dazu entsteht durch die Temperaturunterschiede im kalten Motor Kondenswasser. Dieses Wasser verbindet sich mit Verbrennungsnebenprodukten zu aggressiven Säuren. Eine Studie von Castrol fand heraus, dass in Deutschland in jeder zweiten ausgewerteten Schmierstoff-Probe Fremdstoffe wie Kondenswasser und Kraftstoff entdeckt wurden. Diese Säuren greifen nicht nur Metalloberflächen an und verursachen Korrosion, sondern beschleunigen auch die Oxidation des Öls. Die schnelle Schwarzfärbung ist also kein Zeichen von „Schmutz“, sondern ein Alarmsignal für eine fortgeschrittene chemische Zersetzung, die den Motor schutzlos lässt. Das Problem ist weit verbreitet: Eine ADAC-Untersuchung bei Dieselfahrzeugen mit Partikelfilter zeigte, dass bei 50% der untersuchten Fahrzeuge die Ölverdünnung bei über 10% lag – ein kritischer Wert, der die Schmierleistung massiv beeinträchtigt.

Ein steigender Ölstand am Messstab ist übrigens ein klares Indiz für signifikanten Kraftstoff- und Wassereintrag. Das Öl wird nicht mehr, es wird verdünnt und verliert seine Schutzfunktion. Daher ist ein Öl nach 10.000 Stadtkilometern oft chemisch verbrauchter als ein Öl nach 30.000 Autobahnkilometern.

Wie Sie in 30 Sekunden am Ölfilm erkennen ob ein Wechsel überfällig ist?

Während eine Laboranalyse die präziseste Auskunft über den Ölzustand gibt, existiert eine einfache und schnelle Methode zur Orientierung: der sogenannte Tüpfeltest. Diese Methode gibt Ihnen einen visuellen Anhaltspunkt über den Grad der Verschmutzung und Zersetzung des Öls. Dafür benötigen Sie lediglich ein saugfähiges, unbeschichtetes Papier, wie zum Beispiel ein Löschblatt oder eine Kaffeefiltertüte. Ziehen Sie den Ölmessstab bei betriebswarmem Motor heraus und lassen Sie einen einzigen Tropfen Öl mittig auf das Papier fallen. Warten Sie einige Stunden, bis sich der Tropfen vollständig ausgebreitet hat.

Anhand des entstehenden Musters können Sie den Zustand bewerten:

  • Gutes Öl: Der Fleck ist relativ klein, homogen und von heller, bernsteinartiger Farbe. Es bildet sich ein gleichmäßiger, durchscheinender Hof um einen kleinen, hellen Kern.
  • Verbrauchtes Öl: In der Mitte bildet sich ein großer, tiefschwarzer und scharf abgegrenzter Kern aus Ruß und Ablagerungen. Der äußere ÖLhof ist dunkel verfärbt und deutlich kleiner.
  • Starker Wasser- oder Kraftstoffeintrag: Der Rand des Flecks wirkt ausgefranst oder wellig. Es können sich konzentrische Ringe mit unterschiedlichen Farbtönen bilden, die auf eine Trennung von Öl, Wasser und Kraftstoff hindeuten.

Diese Methode ersetzt keine fachmännische Prüfung, visualisiert aber eindrücklich, was im Inneren Ihres Motors geschieht. Wie Thomas Griebel vom Technischen Kundendienst bei Castrol erklärt:

Kondenswasser verdampft bei 100 Grad Celsius, aber bei einer hohen Konzentration reicht es nicht aus, wenn diese Temperatur immer nur für wenige Minuten erreicht wird.

– Thomas Griebel, Technischer Kundendienst Castrol

Makroaufnahme eines Löschblatts mit Öltropfen-Testringen in verschiedenen Farben, die den Zustand des Motoröls zeigen

Genau dieses nicht verdampfte Wasser sehen Sie in Form von unregelmäßigen Rändern beim Tüpfeltest. Er ist somit ein exzellenter Indikator dafür, ob Ihr Fahrprofil – geprägt von Kurzstrecken – bereits kritische Spuren im Schmierstoff hinterlassen hat und ein Wechsel überfällig ist, unabhängig von der Kilometeranzeige.

Longlife-Service alle 30.000 km oder Fixintervall alle 15.000 km – was schont Ihren Motor?

Die Entscheidung zwischen einem flexiblen Longlife-Service und einem starren Fixintervall ist eine der wichtigsten Wartungsentscheidungen und hängt direkt von Ihrem Fahrprofil ab. Longlife-Systeme nutzen Sensoren, um Parameter wie Kaltstarts, Drehzahlen und Öltemperatur zu analysieren und den „optimalen“ Wechselzeitpunkt zu berechnen, der bis zu 30.000 km oder 2 Jahre betragen kann. Das klingt komfortabel, birgt aber für Kurzstreckenfahrer erhebliche Risiken. Die Algorithmen können die chemische Belastung durch Ölverdünnung und Säurebildung oft nicht präzise genug erfassen.

Für den Langstreckenfahrer, der den Motor regelmäßig auf Betriebstemperatur bringt, ist der Longlife-Service oft eine gute und wirtschaftliche Wahl. Die speziellen, hochwertigen Longlife-Öle sind auf hohe thermische Belastbarkeit und lange Additivstabilität ausgelegt. Nach ADAC-Untersuchungen können solche Leichtlauföle sogar eine Verbrauchsersparnis von 4-6% auf Kurzstrecken ermöglichen. Für den reinen Kurzstrecken- oder Stadtfahrer ist das Fixintervall von 15.000 km oder 12 Monaten jedoch die deutlich sicherere und motorschonendere Variante. Hier wird das durch Kraftstoff und Wasser belastete Öl proaktiv entfernt, bevor es kritische Schäden anrichten kann. Die Kosten für das Standardöl sind zudem geringer.

Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Unterschiede zusammen und dient als Entscheidungshilfe, die auf den Analysen des ADAC basiert:

Vergleich: Longlife-Service vs. Fixintervall
Kriterium Longlife-Service Fixintervall
Intervall Bis 30.000 km oder 2 Jahre 15.000 km oder 1 Jahr
Kosten Ölsorte Teurer (Spezialöl erforderlich) Günstiger (Standardöl möglich)
Geeignet für Langstreckenfahrer Kurzstrecken- und Normalfahrer
Flexibilität Bordcomputer berechnet Termin Feste Termine
Motorschutz bei Kurzstrecke Eingeschränkt Besser

Letztendlich ist die Wahl eine Risikoabwägung: Vertrauen Sie dem Bordcomputer, der Ihr Fahrprofil nur indirekt misst, oder setzen Sie auf die präventive Sicherheit eines festen, kürzeren Intervalls, das der chemischen Realität des Kurzstreckenbetriebs Rechnung trägt? Für den Schutz des Motors ist letzteres klar zu bevorzugen.

Warum verlieren Sie die Garantie wenn Sie den Ölwechsel selbst machen?

Das ist ein hartnäckiger Mythos, der von vielen Vertragswerkstätten gerne aufrechterhalten wird: Ein selbst durchgeführter Ölwechsel oder eine Wartung in einer freien Werkstatt führe automatisch zum Verlust der Herstellergarantie. Das ist schlichtweg falsch. Die Rechtslage in Deutschland und der EU ist eindeutig auf der Seite der Verbraucher. Wie die ADAC Rechtsberatung klarstellt:

Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) erlaubt es, Wartungen und Inspektionen auch in freien Werkstätten ohne Garantieverlust durchführen zu lassen, solange diese nach Herstellervorgaben erfolgen.

– ADAC Rechtsberatung, ADAC Ratgeber Ölwechsel

Der entscheidende Punkt ist die Beweislast. Im Falle eines Motorschadens während der Garantiezeit liegt es am Fahrzeughalter nachzuweisen, dass der Ölwechsel fachgerecht und exakt nach den Vorgaben des Herstellers durchgeführt wurde. Das bedeutet: Es wurde das richtige Öl mit der korrekten Freigabenummer verwendet, der Ölfilter wurde getauscht und die korrekte Füllmenge beachtet. Ohne lückenlose Dokumentation kann der Hersteller eine Garantieleistung mit Verweis auf unsachgemäße Wartung ablehnen.

Wenn Sie den Ölwechsel selbst durchführen, um Kosten zu sparen und die Kontrolle zu behalten, ist eine penible Dokumentation daher unerlässlich. Sie müssen im Schadensfall beweisen können, dass Sie wie eine Fachwerkstatt gehandelt haben. Das Serviceheft allein reicht nicht aus.

Checkliste: So dokumentieren Sie den DIY-Ölwechsel garantiesicher

  1. Kaufbelege sichern: Heben Sie die Rechnungen für das Motoröl und den Ölfilter auf. Achten Sie darauf, dass die exakte Spezifikation und Freigabenummer (z.B. VW 507.00) auf dem Beleg vermerkt ist.
  2. Protokoll führen: Notieren Sie Datum, exakten Kilometerstand und die eingefüllte Ölmenge direkt im Serviceheft oder in einem separaten Wartungsprotokoll.
  3. Beweisfotos anfertigen: Machen Sie Fotos vom alten Ölfilter, dem neuen Filter in der Verpackung, der geöffneten Öldose mit sichtbarer Spezifikation und dem Kilometerstand am Tacho.
  4. Entsorgungsnachweis aufbewahren: Lassen Sie sich die fachgerechte Entsorgung des Altöls bei der Annahmestelle (z.B. Wertstoffhof) schriftlich bestätigen. Dies beweist den abgeschlossenen Vorgang.
  5. Alles zusammenfügen: Legen Sie alle Belege, Notizen und Nachweise chronologisch geordnet zu Ihren Fahrzeugunterlagen.

Mit dieser lückenlosen Dokumentation sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite und können dem Mythos des Garantieverlusts gelassen entgegentreten. Sie beweisen, dass die Wartung nicht nur stattgefunden hat, sondern auch den höchsten Qualitätsstandards des Herstellers entsprach.

Motoröl nach 2 Jahren und nur 8.000 km – muss es trotzdem gewechselt werden?

Diese Frage stellen sich besonders Besitzer von Zweitwagen, Cabrios oder Wohnmobilen: Das Auto wurde kaum bewegt, die Kilometerleistung ist minimal – warum also das teure Öl wechseln? Die Antwort ist ein klares Ja. Denn Motoröl altert nicht nur durch Belastung, sondern auch durch Zeit. Im Motor ist das Öl einem ständigen Alterungsprozess ausgesetzt, der auch im Stillstand fortschreitet. Der ADAC weist darauf hin, dass sich Motoröl in einem original verschlossenen Kanister zwar 3-5 Jahre hält, im Motor jedoch permanent mit Sauerstoff, Feuchtigkeit und Resten von Verbrennungsprodukten in Kontakt kommt.

Die Additive, die das Öl vor Oxidation und Korrosion schützen sollen, verbrauchen sich mit der Zeit, selbst wenn der Motor nicht läuft. Insbesondere die hygroskopische Eigenschaft des Öls – also die Fähigkeit, Wasser aus der Umgebungsluft zu binden – wird zum Problem. Dieses gebundene Wasser führt zu Säurebildung und Korrosion an sensiblen Motorteilen wie Lagerschalen und Nockenwellen.

Gerade bei Fahrzeugen mit geringer Laufleistung handelt es sich oft um typische Kurzstreckenfahrzeuge. Wie eine Analyse für Wohnmobile und andere Saisonfahrzeuge zeigt, ist das Belastungsprofil hier besonders kritisch. Zahlreiche Kaltstarts in Kombination mit der Tatsache, dass der Motor nie richtig durchwärmt, führen zu einem massiven Eintrag von Kraftstoff und Kondenswasser ins Öl. Dieser Effekt ist deutlich schädlicher als eine einzelne lange Autobahnfahrt. Das Öl verliert seine Schmierfähigkeit, und der Verschleißschutz bricht zusammen.

Daher geben die Hersteller nicht nur ein Kilometer-, sondern immer auch ein Zeitintervall (meist 12 oder 24 Monate) vor. Dieses Zeitintervall ist keine willkürliche Empfehlung, sondern eine technische Notwendigkeit, um den Motor vor den Folgen der chemischen Ölalterung im Stillstand und bei sporadischer Nutzung zu schützen. Das Ignorieren des Zeitintervalls aus falsch verstandener Sparsamkeit ist ein hohes Risiko für die Langlebigkeit des Motors.

Warum zerstört 5W-40 statt 5W-30 Ihren Turbolader nach 60.000 km?

Die Wahl der richtigen Viskosität ist bei modernen, hoch aufgeladenen Motoren keine Frage des persönlichen Geschmacks, sondern eine technische Notwendigkeit. Die Annahme „ein dickeres Öl wie 5W-40 schmiert besser als ein dünneres 5W-30“ ist ein gefährlicher Trugschluss, der oft zu kapitalen Turboschäden führt. Moderne Turbomotoren sind auf Öle mit niedriger Viskosität (Low-Viscosity-Öle) wie 0W-20 oder 5W-30 ausgelegt. Der Grund liegt in der Konstruktion: Die Ölkanäle, die den Turbolader schmieren und kühlen, sind extrem eng dimensioniert.

Ein 5W-40-Öl ist bei Betriebstemperatur zähflüssiger (viskoser) als ein 5W-30. Es fließt langsamer durch die feinen Kanäle und kann die immense Hitze des Turboladers nicht schnell genug abführen. Dies führt zu einer Überhitzung des Öls in der Lagerung der Turbinenwelle. Das Resultat ist die sogenannte Verkokung: Das Öl verbrennt förmlich an den heißen Oberflächen und hinterlässt harte, krustige Kohlenstoffablagerungen. Diese Ablagerungen verengen die Ölkanäle weiter, bis die Schmierung und Kühlung komplett zusammenbricht. Der Turbolader läuft trocken und wird innerhalb von Sekunden zerstört.

Querschnitt eines Turboladers mit sichtbaren Ölablagerungen in den Kanälen, die durch falsches Öl verursacht wurden

Doch Viskosität ist nicht alles. Wie die ADAC Technik-Experten betonen, steckt der Teufel im Detail der Spezifikationen:

Ein 5W-30 ist nicht gleich einem 5W-30. Die Norm des Herstellers definiert u.a. den Aschegehalt, wichtig für den Dieselpartikelfilter (DPF), und die HTHS-Viskosität.

– ADAC Technik-Experten, ADAC Motoröl-Spezifikationen Ratgeber

Die HTHS-Viskosität (High-Temperature High-Shear) ist hierbei entscheidend. Sie beschreibt die Stabilität des Schmierfilms unter extremen Bedingungen, wie sie im Turbolader herrschen. Ein falsches Öl, selbst mit der richtigen Viskositätsklasse, kann eine zu niedrige oder zu hohe HTHS-Viskosität haben und den Schmierfilm reißen lassen. Die Verwendung eines nicht vom Hersteller freigegebenen 5W-40 in einem für 5W-30 ausgelegten Motor ist daher kein Upgrade, sondern ein programmierter Motorschaden.

Warum 5W-40 statt 5W-30 Ihren Turbolader nach 80.000 km ruiniert?

Während ein sofortiger Schaden durch falsches Öl selten ist, entfaltet sich die zerstörerische Wirkung oft schleichend über Zehntausende von Kilometern. Die Verwendung eines 5W-40-Öls in einem für 5W-30 spezifizierten Turbomotor ist ein perfektes Beispiel für einen solchen Langzeitschaden. Das Problem ist die thermische Belastung. Ein Turbolader erreicht bei Vollgasfahrten Temperaturen von bis zu 1.000°C. Das Motoröl ist das einzige Medium, das die Lagerung der mit über 200.000 Umdrehungen pro Minute rotierenden Welle kühlt und schmiert.

Ein zähflüssigeres 5W-40-Öl hat eine geringere Fließgeschwindigkeit. Bei jedem Abstellen des heißen Motors verbleibt ein Ölfilm auf den extrem heißen Oberflächen der Turbinenlagerung. Da das dickere Öl die Hitze nicht schnell genug abtransportieren kann, „backt“ es fest. Mit jeder Fahrt wiederholt sich dieser Prozess, und die Schicht aus Verkokungen wächst langsam, aber stetig. Über 80.000 km hinweg verengen diese Ablagerungen die lebenswichtigen Ölbohrungen immer weiter. Die Ölversorgung wird schleichend reduziert, die Kühlleistung sinkt, und die Lagertemperaturen steigen immer weiter an – ein Teufelskreis.

Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Ölversorgung nicht mehr ausreicht, um einen stabilen Schmierfilm aufrechtzuerhalten. Die Welle des Turboladers bekommt Spiel, beginnt zu schleifen, und der Lader fällt schlagartig aus. Der Fahrer bemerkt dies oft erst durch einen plötzlichen Leistungsverlust, blauen Rauch aus dem Auspuff oder pfeifende Geräusche. Der Schaden ist dann bereits irreparabel. Ein eindrückliches Beispiel aus der Praxis zeigt, wie fatal das Ignorieren der Herstellervorgaben sein kann, wie in einem Forum für einen Ford Explorer diskutiert wurde. Dort wurde statt des vorgeschriebenen dünnen 5W-20-Öls „besseres“ 10W-40 verwendet, was zum Schmierfilmabriss und Motorschaden führte, während Motoren in den USA mit dem korrekten Öl problemlos Laufleistungen von über 500.000 Meilen erreichen.

Die Herstellervorgabe ist also keine Empfehlung, sondern ein exakt auf die thermischen und mechanischen Eigenschaften des Motors abgestimmtes Gesetz. Abweichungen führen nicht zu einer „besseren“ Schmierung, sondern zu einem schleichenden, aber sicheren Tod des Turboladers.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Fahrprofil, nicht die Kilometer, bestimmt die Ölalterung. Kurzstrecken sind die größte Belastung.
  • Ein Ölwechselintervall sollte bei überwiegendem Stadtverkehr halbiert werden, um Motorschäden durch Ölverdünnung und Säurebildung zu vermeiden.
  • Die exakte Einhaltung der vom Hersteller vorgegebenen Viskosität und Spezifikation (Freigabenummer) ist für moderne Turbomotoren überlebenswichtig.

Wie Sie das richtige Motoröl für Ihren Turbomotor finden ohne Schaden zu riskieren

Die Suche nach dem richtigen Motoröl gleicht oft einem Dschungel aus Zahlen und Abkürzungen. Doch mit einer systematischen Herangehensweise können Sie sicherstellen, dass Sie exakt den Schmierstoff verwenden, den Ihr Motor benötigt. Die alleinige Orientierung an der Viskosität (z.B. 5W-30) ist unzureichend und gefährlich. Die entscheidenden Informationen sind die Herstellerfreigabe und die ACEA-Spezifikation.

Der erste und wichtigste Schritt ist immer der Blick in die Betriebsanleitung Ihres Fahrzeugs. Hier listet der Hersteller die exakten Anforderungen auf, oft in Form einer spezifischen Freigabenummer (z.B. VW 507.00, MB 229.51, BMW Longlife-04). Nur ein Öl, das diese Nummer offiziell auf dem Gebinde trägt, wurde vom Hersteller geprüft und für Ihren Motor als sicher und leistungsfähig eingestuft. Falls die Anleitung nicht zur Hand ist, helfen Online-Ölwegweiser der großen Hersteller wie Liqui Moly, Castrol oder Fuchs, die nach Eingabe des Fahrzeugmodells die passenden Öle anzeigen.

  1. Betriebsanleitung konsultieren: Dies ist die zuverlässigste Quelle für die exakten Spezifikationen.
  2. Freigabenummer notieren: Finden Sie die spezifische Norm des Herstellers (z.B. VW 507.00).
  3. Online-Ölwegweiser nutzen: Geben Sie Ihr Fahrzeugmodell auf den Webseiten der Ölhersteller ein.
  4. SAPS-Gehalt beachten: Fahrzeuge mit Dieselpartikelfilter (DPF) oder Ottopartikelfilter (OPF) benötigen zwingend „Low-SAPS“ oder „Mid-SAPS“-Öle (aschearm), um ein Verstopfen des Filters zu verhindern. Diese sind meist durch die ACEA C-Klassen gekennzeichnet.

Die ACEA-Klassifikation gibt zusätzliche Auskunft über das Leistungsprofil des Öls. Die folgende Tabelle bietet eine vereinfachte Übersicht der gängigsten Klassen für PKW-Motoren:

ACEA-Spezifikationen für verschiedene Motortypen
ACEA-Klasse Motortyp Besonderheiten
A3/B4 Ältere Otto- und Dieselmotoren Standard ohne DPF, hoher Aschegehalt
C3 Moderne Otto/Diesel mit DPF/TWC Mid-SAPS, für die meisten modernen Fahrzeuge mit Abgasnachbehandlung
C5 Neueste Motoren mit DPF/OPF Low-SAPS, auf maximale Kraftstoffersparnis ausgelegt (niedrige HTHS-Viskosität)

Die Wahl des richtigen Öls ist keine Magie, sondern ein Prozess des exakten Abgleichs von Vorgaben. Nehmen Sie sich die Zeit, die Spezifikationen zu prüfen. Es ist die günstigste Versicherung gegen einen teuren Motorschaden.

Die korrekte Auswahl des Schmierstoffs ist der letzte und entscheidende Schritt. Um langfristig sicherzufahren, sollten Sie die Systematik zur Identifizierung des richtigen Motoröls beherrschen.

Der Schutz Ihres Motors beginnt nicht in der Werkstatt, sondern mit der richtigen Information. Nutzen Sie die Betriebsanleitung und die hier vorgestellten Werkzeuge, um bei jedem Ölwechsel eine bewusste, technisch fundierte Entscheidung zu treffen und die Lebensdauer Ihres Motors aktiv zu verlängern.

Geschrieben von Martin Fischer, Martin Fischer ist Diplom-Ingenieur für Schmierstofftechnik und Tribologie mit über 17 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Anwendungsberatung für Motorenöle, Getriebeöle und technische Schmierstoffe im Automobilbereich. Er ist zertifizierter Schmierstoffexperte nach DIN 51389.