Veröffentlicht am März 15, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung dient eine professionelle Bremsprüfung nicht primär der Sicherheit, sondern ist Ihr entscheidendes juristisches Beweismittel, um im Falle eines Unfalls nicht finanziell ruiniert zu werden.

  • Die deutsche Rechtsprechung kennt die verschuldensunabhängige Betriebsgefahr, die Ihnen auch ohne Schuld eine Teilschuld zuweisen kann, wenn Ihr Fahrzeug technische Mängel aufweist.
  • Ohne lückenlose Wartungsnachweise kehrt sich die Beweislast um: Sie müssen beweisen, dass Ihre Bremsen einwandfrei waren, nicht der Unfallgegner.

Empfehlung: Bestehen Sie auf einer jährlichen, rechtssicher dokumentierten Bremsprüfung nach dem 7-Punkte-Protokoll, um Ihre finanzielle Existenz und Ihren Versicherungsschutz zu sichern.

Ein unachtsamer Fahrer nimmt Ihnen die Vorfahrt. Es kommt zum Zusammenstoß. Die Schuldfrage scheint eindeutig – doch am Ende müssen Sie 80.000 € Schmerzensgeld zahlen. Ein fiktives Szenario? Keineswegs. Es ist die bittere Realität, die viele deutsche Autofahrer erleben, weil sie einen entscheidenden Aspekt übersehen: Die Bremsanlage ihres Fahrzeugs ist nicht nur ein sicherheitsrelevantes Bauteil, sondern vor allem ein juristisches Beweisstück. Die meisten Fahrzeughalter glauben, mit der zweijährigen Hauptuntersuchung (HU) ihrer Pflicht Genüge getan zu haben. Sie achten auf quietschende Geräusche oder eine leuchtende Warnlampe im Cockpit.

Doch aus der Perspektive eines Unfallgutachters ist diese Sichtweise gefährlich naiv. Im deutschen Rechtssystem geht es nach einem Unfall nicht nur um die Frage des Verschuldens, sondern maßgeblich um die technische Verfassung der beteiligten Fahrzeuge. Ein zentraler Begriff hierbei ist die Betriebsgefahr – eine verschuldensunabhängige Haftung, die von jedem Kraftfahrzeug ausgeht. Ist der technische Zustand Ihres Wagens nicht einwandfrei dokumentiert, kann Ihnen selbst bei klarer Fremdschuld eine erhebliche Mithaftung zugesprochen werden, die schnell existenzbedrohende Ausmaße annimmt. Es ist die unsichtbare Gefahr der Beweislast, die oft schwerer wiegt als der eigentliche Unfallhergang.

Dieser Artikel bricht mit dem Mythos der reinen Sicherheitswartung. Er führt Sie durch die knallharte juristische Realität der Unfallregulierung in Deutschland. Sie erfahren nicht, wie man Bremsbeläge wechselt, sondern wie Sie sich mit einer lückenlosen Dokumentation ein juristisches Schutzschild aufbauen. Wir beleuchten, wie Gerichte und Versicherungen denken, welche Art von Nachweis wirklich zählt und wie eine kleine, regelmäßige Investition Sie vor dem finanziellen Abgrund bewahren kann.

Dieser Leitfaden ist strukturiert, um Ihnen ein tiefes Verständnis für die juristischen Fallstricke und praktischen Lösungen zu vermitteln. Der folgende Überblick zeigt die Kernthemen, die wir detailliert behandeln werden.

Warum müssen Sie 80.000 € Schmerzensgeld zahlen obwohl der andere Vorfahrt missachtete?

Das deutsche Haftungsrecht birgt eine für Laien oft unverständliche Tücke: die verschuldensunabhängige Betriebsgefahr gemäß § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Allein durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs schaffen Sie eine potenzielle Gefahrenquelle. Kommt es zum Unfall, haften Sie anteilig für den entstandenen Schaden, selbst wenn der andere Verkehrsteilnehmer den entscheidenden Fehler gemacht hat. Diese grundsätzliche Mithaftung kann zwar unter bestimmten Umständen entfallen, doch ein Faktor hebt sie fast immer wieder in den Vordergrund: ein technisch nicht einwandfreier Zustand Ihres Fahrzeugs.

Stellt ein Gutachter nach dem Unfall fest, dass Ihr Bremsweg nur wenige Meter länger war als er hätte sein dürfen – etwa durch abgenutzte Beläge oder alte Bremsflüssigkeit – ändert sich die gesamte juristische Bewertung. Aus einem reinen Sachschaden kann so ein schwerer Personenschaden werden. Der Vorwurf lautet dann nicht mehr nur, dass Sie in einen Unfall verwickelt waren, sondern dass der Unfall durch den Mangel an Ihrem Fahrzeug schlimmer ausfiel als nötig. In diesem Moment explodiert Ihre Mithaftung. Das Gericht wird argumentieren, dass mit einer optimalen Bremsanlage der Aufprall hätte vermieden oder zumindest dessen Wucht hätte reduziert werden können.

Die Konsequenz ist eine dramatische Verschiebung der Haftungsquote. Selbst wenn der Unfallgegner zu 80 % schuld war, können Ihnen aufgrund der erhöhten Betriebsgefahr durch den technischen Mangel 20 %, 30 % oder sogar mehr der Gesamtkosten auferlegt werden. Bei einem schweren Personenschaden mit lebenslangen Folgen können so aus dem Nichts Forderungen von 80.000 € Schmerzensgeld und mehr auf Sie zukommen. Der entscheidende Punkt ist die Beweislast: Nicht der Geschädigte muss beweisen, dass Ihre Bremsen schlecht waren, sondern Sie müssen im Zweifel nachweisen, dass sie zum Unfallzeitpunkt tadellos funktionierten.

Wie sollte eine rechtssichere Bremsprüfung ablaufen – die 7-Punkte-Checkliste?

Eine einfache Sichtprüfung oder der Vermerk „Bremsen geprüft“ auf einer Rechnung hat vor Gericht kaum Bestand. Eine rechtssichere Dokumentation muss detailliert, messbar und nachvollziehbar sein. Sie dient als Ihr Alibi und beweist, dass Sie Ihrer Sorgfaltspflicht als Fahrzeughalter nachgekommen sind. Aus gutachterlicher Sicht ist eine professionelle Prüfung, die über die Anforderungen der Hauptuntersuchung hinausgeht, unerlässlich. Laut Experten sollten Bremsen mindestens einmal jährlich professionell geprüft werden, idealerweise bei jedem saisonalen Reifenwechsel.

Eine solche Prüfung muss auf einem Bremsenprüfstand stattfinden, der die exakten Bremskräfte jedes einzelnen Rades misst. Nur so lassen sich Unregelmäßigkeiten aufdecken, die bei einer normalen Fahrt unbemerkt bleiben. Die visuellen und elektronischen Checks ergänzen dieses Bild zu einem lückenlosen Zustandsprotokoll.

Bremsenprüfstand mit Fahrzeug während der Messung in deutscher Werkstatt

Die folgende Checkliste fasst die Kernpunkte zusammen, die ein solches Protokoll enthalten muss, um im Ernstfall als stichhaltiger Beweis zu dienen. Bestehen Sie darauf, dass Ihre Werkstatt diese Punkte erfasst und Ihnen schriftlich aushändigt.

Ihr Plan für eine gerichtsfeste Bremsprüfung: Die 7-Punkte-Checkliste

  1. Messung der Belagstärke: Die exakte Dicke der Bremsbeläge in Millimetern muss für alle vier Räder mit einer digitalen Schieblehre erfasst und dokumentiert werden.
  2. Prüfung der Bremsscheiben: Die Dicke der Bremsscheiben wird gemessen und der Zustand (z.B. Verschleißrillen, Risse) protokolliert.
  3. Analyse der Bremsflüssigkeit: Der Siedepunkt der Bremsflüssigkeit muss mit einem Messgerät bestimmt werden; ein Wert unter 180°C gilt als kritischer Mangel.
  4. Bremskraftmessung: Eine Messung auf dem Prüfstand nach § 29 StVZO ist unerlässlich. Die Ergebnisse der Bremskräfte in Kilonewton (kN) pro Rad müssen ausgedruckt werden.
  5. Auslesen des Fehlerspeichers: Der Fehlerspeicher der elektronischen Systeme (ABS, ESP) wird ausgelesen und das Ergebnis (auch wenn fehlerfrei) dokumentiert.
  6. Sichtprüfung der Leitungen: Alle Bremsleitungen und -schläuche werden auf Korrosion, Porosität und äußere Beschädigungen geprüft.
  7. Formale Protokollierung: Alle Messwerte müssen mit Datum, Uhrzeit, Kilometerstand und der Unterschrift des Prüfers in einem offiziellen Protokoll festgehalten werden.

Eigene Prüfung mit Notizen oder Werkstattrechnung – was akzeptiert das Gericht?

Im Haftungsprozess nach einem Unfall zählt nur eines: die Beweiskraft Ihrer Unterlagen. Viele Autofahrer glauben, mit privaten Notizen, Fotos vom Tacho oder aufbewahrten Rechnungen von Ersatzteilen ausreichend abgesichert zu sein. Aus juristischer Sicht ist dies ein fataler Irrtum. Ein Gericht wird solche privat erstellten Dokumente im besten Fall als Indiz werten, oft aber gänzlich als „Gefälligkeitsdokumente“ abtun, denen jegliche objektive Beweiskraft fehlt.

Die entscheidende Frage für einen Richter lautet: Wurde der Zustand des Fahrzeugs von einer unabhängigen, qualifizierten dritten Partei objektiv festgestellt? Eine private Notiz erfüllt dieses Kriterium nicht. Auch die Rechnung über gekaufte Bremsbeläge beweist nur den Kauf, nicht aber den fachgerechten Einbau oder die Funktionstüchtigkeit der gesamten Bremsanlage zum Unfallzeitpunkt. Die Beweislast liegt hier weiterhin voll bei Ihnen.

Die höchste Beweiskraft haben offizielle Prüfberichte von anerkannten Organisationen wie TÜV oder DEKRA sowie detaillierte Rechnungen einer Meisterwerkstatt, die ein Prüfprotokoll nach dem oben genannten Schema enthalten. Diese Dokumente erzeugen einen sogenannten „Anscheinsbeweis“. Das bedeutet, das Gericht geht zunächst davon aus, dass die Angaben korrekt sind und das Fahrzeug zum Prüfzeitpunkt in diesem Zustand war. Nun muss die Gegenseite aufwändig beweisen, dass dies nicht der Fall war – eine enorme juristische Hürde. Eine Rechnung einer freien Werkstatt mit detailliertem Protokoll wird ebenfalls meist akzeptiert, kann aber im Einzelfall stärker hinterfragt werden als der Bericht einer Meisterwerkstatt. DIY-Reparaturen sind rechtlich am riskantesten: Ohne eine anschließende Abnahme und Prüfung durch einen Sachverständigen oder eine anerkannte Werkstatt verbleibt die volle Haftung und Beweislast beim Fahrzeughalter.

Warum zahlt Ihre Vollkasko nur 60% nach dem Unfall wegen vernachlässigter Bremsen?

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass die eigene Vollkaskoversicherung den Schaden am eigenen Fahrzeug immer vollständig übernimmt, unabhängig von der Schuldfrage. Das ist falsch. Die Versicherungsbedingungen enthalten fast immer eine Klausel zur Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit. Und das bewusste Ignorieren von sicherheitsrelevanten Mängeln ist der klassische Fall von grober Fahrlässigkeit.

Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ist hier eindeutig. In § 41 wird eine funktionstüchtige Bremsanlage gefordert. Eine Ergänzung stellt klar, dass der Halter für den vorschriftsmäßigen Zustand verantwortlich ist. Die StVZO schreibt eindeutig vor, dass Verschleißteile rechtzeitig zu wechseln sind, um die Sicherheit zu gewährleisten. Wenn Sie also mit einer leuchtenden Bremswarnleuchte weiterfahren oder ein metallisches Schleifgeräusch über Wochen ignorieren, handeln Sie grob fahrlässig.

Im Schadensfall wird die Versicherung einen Gutachter beauftragen. Stellt dieser fest, dass die Bremsbeläge bis auf das Metall abgefahren waren oder die Bremsscheiben deutliche Verschleißgrenzen unterschritten, hat die Versicherung das Recht, ihre Leistung zu kürzen. Die Kürzung erfolgt „nach der Schwere des Verschuldens“. In der Praxis bedeutet dies oft eine Reduzierung um 30 %, 40 % oder sogar mehr. Von einem Schaden von 10.000 € bleiben Sie dann schnell auf 4.000 € Eigenanteil sitzen – zusätzlich zur Selbstbeteiligung. Noch schlimmer: Die Versicherung kann nach der Regulierung des Fremdschadens durch Ihre Haftpflichtversicherung versuchen, Sie in Regress zu nehmen, also einen Teil der an den Unfallgegner gezahlten Summe von Ihnen zurückzufordern. Eine lückenlose Wartungshistorie ist hier Ihr einziges wirksames Gegenargument, um den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu entkräften.

Nach welchen 5 Warnsignalen müssen Sie innerhalb von 48 Stunden zur Bremsprüfung?

Bestimmte Warnsignale sind aus juristischer Sicht keine freundlichen Hinweise, sondern unmissverständliche Aufforderungen zum sofortigen Handeln. Das Ignorieren dieser Signale wird von jedem Gericht und Gutachter als klares Indiz für grobe Fahrlässigkeit gewertet. Wenn eines der folgenden Symptome auftritt, ist jede Weiterfahrt ein enormes rechtliches und finanzielles Risiko. Sie haben dann faktisch keine Möglichkeit mehr, sich im Falle eines Unfalls auf „Unwissenheit“ zu berufen. Eine dokumentierte Prüfung innerhalb von 48 Stunden ist dann nicht nur ratsam, sondern Ihre einzige Möglichkeit, die drohende Beweislast abzuwenden.

Das Aufleuchten einer roten Warnleuchte ist das eindeutigste Signal. Es zeigt einen kritischen Fehler im Bremssystem an, wie zum Beispiel einen zu niedrigen Bremsflüssigkeitsstand oder extremen Belagverschleiß. Jede Fahrt mit dieser leuchtenden Warnung ist eine bewusste Inkaufnahme eines Risikos.

Nahaufnahme eines Armaturenbretts mit leuchtender Bremswarnleuchte

Aus der gutachterlichen Praxis sind die folgenden fünf Signale besonders kritisch, da sie auf einen unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen schweren Defekt hinweisen:

  • Signal 1: Metallisches Schleif- oder Quietschgeräusch. Dies ist das klassische Geräusch, wenn die Trägerplatte des Bremsbelags direkt auf der Bremsscheibe reibt. Der Belag ist vollständig abgenutzt. Jeder Kilometer Weiterfahrt zerstört die Bremsscheibe und verlängert den Bremsweg massiv.
  • Signal 2: Rote Bremsen-Warnleuchte im Cockpit. Wie bereits erwähnt, ist dies ein absolutes Stoppsignal. Es deutet auf einen kritischen Systemfehler hin. Das Ignorieren dieser Leuchte ist vor Gericht nicht zu verteidigen.
  • Signal 3: Weiches oder „schwammiges“ Bremspedal. Wenn sich das Pedal ohne großen Widerstand bis zum Boden durchtreten lässt, ist höchstwahrscheinlich Luft im hydraulischen System oder die Bremsflüssigkeit ist alt und hat Wasser gezogen. Die Bremsleistung ist unberechenbar und kann plötzlich komplett ausfallen.
  • Signal 4: Pulsierendes Bremspedal oder „Rubbeln“. Dies deutet auf verzogene Bremsscheiben oder einen Defekt im ABS-System hin. Die Bremskraft wird nicht mehr gleichmäßig übertragen, was besonders bei einer Notbremsung zum Ausbrechen des Fahrzeugs führen kann.
  • Signal 5: Spürbar verlängerter Bremsweg. Wenn Sie merken, dass Ihr Fahrzeug mehr Weg zum Anhalten benötigt als üblich, ist das kein subjektives Gefühl, sondern ein objektiver Mangel. Eine sofortige Fahrt zur nächsten Werkstatt ist zwingend erforderlich.

Warum hätte eine 100-€-Inspektion den 50.000-€-Unfall verhindert?

Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist aus haftungsrechtlicher Sicht eindeutig und vernichtend. Viele Fahrzeughalter scheuen die Kosten für eine außerplanmäßige Inspektion. Dabei ist der finanzielle Aufwand für eine professionelle Bremsenprüfung marginal im Vergleich zum potenziellen Schaden. Eine Untersuchung eines renommierten deutschen Automobilportals zeigt: durchschnittlich kostet der reine Bremsencheck zwischen 20 bis 50 Euro und wird von vielen Werkstätten im Rahmen anderer Services sogar kostenlos angeboten. Selbst eine umfassende Prüfung mit Protokoll übersteigt selten die Marke von 100 Euro.

Diesen geringen Kosten steht ein enormes finanzielles Risiko gegenüber. Betrachten wir den Domino-Effekt, wie er oft bei Auffahrunfällen auftritt. Ein Rechtsanwalt für Verkehrsrecht hebt hervor, dass ein Fahrer seine Fahrweise stets so einrichten muss, dass er rechtzeitig anhalten kann. Wie eine Analyse zur Haftungsverteilung bei Kettenauffahrunfällen zeigt, erhöht sich die Mithaftung des Auffahrenden drastisch, wenn dessen Bremsen mangelhaft waren. Angenommen, durch Ihre leicht verschlissenen Bremsen verlängert sich Ihr Bremsweg bei 50 km/h um nur drei Meter. Diese drei Meter können den Unterschied ausmachen, ob Sie noch rechtzeitig vor dem Hindernis zum Stehen kommen oder einen Auffahrunfall mit schweren Folgen verursachen.

Ein Schaden von 50.000 € (Reparaturkosten, Schmerzensgeld, Verdienstausfall des Geschädigten) ist bei einem Auffahrunfall mit Personenschaden schnell erreicht. Wird Ihnen nun eine Mithaftung von nur 25 % aufgrund der mangelhaften Bremsen zugesprochen, zahlen Sie 12.500 € aus eigener Tasche, da Ihre Versicherung die Leistung kürzt oder Sie in Regress nimmt. Hätten Sie die 100 € für die Inspektion investiert, hätten Sie ein lückenloses Protokoll gehabt. Dieses Dokument hätte belegt, dass Ihre Bremsen zum Prüfzeitpunkt einwandfrei waren. Der Vorwurf der erhöhten Betriebsgefahr wäre entkräftet, der Anscheinsbeweis wäre zu Ihren Gunsten, und die Haftung wäre vollständig beim Unfallverursacher geblieben. Die 100 € sind also keine Kosten, sondern die Prämie für eine Versicherung gegen einen 50.000-€-Schaden.

Wie Sie testen ob Ihre Bremse 1.800 kg Anhänger sicher verzögern kann?

Das Fahren mit einem Anhänger, insbesondere mit schweren Lasten wie einem Wohnwagen oder einem Pferdeanhänger, potenziert die juristischen Risiken. Die Masse, die Ihre Bremsanlage verzögern muss, erhöht sich dramatisch. Gleichzeitig geht die Rechtsprechung bei Gespannen grundsätzlich von einer erhöhten Betriebsgefahr aus. Jeder Mangel an der Bremsanlage des Zugfahrzeugs oder des Anhängers selbst wiegt hier doppelt schwer.

Eine spezielle Analyse zur Gefährdungshaftung verdeutlicht, dass dies weitreichende Konsequenzen hat. So wird klargestellt, dass Gerichte bei Gespannen von einer erhöhten Betriebsgefahr ausgehen, was sogar dazu führen kann, dass Kommunen Gebühren für Feuerwehreinsätze erheben können, wenn der Unfall auf einen technischen Mangel zurückzuführen ist. Es ist daher unerlässlich, nicht nur die Bremse des Autos, sondern das gesamte System „Gespann“ regelmäßig zu überprüfen.

Während die Bremsen des Zugfahrzeugs nach dem bereits beschriebenen Protokoll geprüft werden müssen, erfordert die Anhängerbremse (in der Regel eine Auflaufbremse) zusätzliche Aufmerksamkeit. Die folgenden Prüfschritte sollten vor jeder größeren Fahrt mit einem schweren Anhänger durchgeführt und dokumentiert werden, um im Schadensfall Ihre Sorgfalt nachweisen zu können:

  • Test 1: Funktion des Abreißseils. Das Seil, das die Anhängerbremse bei einer Trennung vom Zugfahrzeug auslöst, muss auf korrekten Sitz und Funktion geprüft werden. Ein kurzer, kräftiger Zug sollte den Mechanismus hörbar einrasten lassen.
  • Test 2: Visuelle Inspektion der Auflaufbremse. Überprüfen Sie das Gestänge, die Seilzüge und die Mechanik am Auflaufdämpfer auf sichtbare Korrosion, Beschädigungen und freie Beweglichkeit.
  • Test 3: Bremstest auf sicherem Gelände. Fahren Sie mit ca. 30 km/h auf einem leeren Parkplatz und führen Sie eine sanfte Bremsung durch. Sie sollten ein sanftes, aber deutliches Ansprechen der Anhängerbremse spüren. Das Gespann muss stabil in der Spur bleiben.
  • Test 4: Kontrolle des Ansprechverhaltens. Bei einer stärkeren Bremsung muss der Anhänger „auflaufen“ und abbremsen, ohne das Zugfahrzeug übermäßig zu schieben. Ein starker Ruck oder ein Blockieren der Anhängerräder deutet auf einen Defekt hin.
  • Test 5: Dokumentation. Halten Sie die Durchführung dieser Tests mit Datum und Kilometerstand schriftlich fest. Dies ergänzt das offizielle Prüfprotokoll und dient als zusätzlicher Beleg Ihrer Sorgfalt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Betriebsgefahr ist entscheidend: Sie können auch ohne Verschulden mithaften, wenn Ihre Bremsen nicht nachweislich in einwandfreiem Zustand waren.
  • Dokumentation ist Ihr Schutzschild: Nur ein detailliertes, professionelles Prüfprotokoll hat vor Gericht Beweiskraft – private Notizen sind wertlos.
  • Grobe Fahrlässigkeit vermeiden: Das Ignorieren von Warnsignalen führt zur Leistungskürzung Ihrer Kaskoversicherung und zu möglichem Regress.

Wie Inspektionen versteckte Defekte aufdecken die zum Unfall führen können

Die gefährlichsten Mängel an einer Bremsanlage sind nicht die, die man sieht oder hört, sondern die, die sich im Verborgenen entwickeln. Ein klassisches Beispiel aus der deutschen Unfallpraxis sind korrodierte Bremsleitungen. Durch den winterlichen Einsatz von Streusalz und die ständige Einwirkung von Feuchtigkeit kann sich unbemerkt Rost an den Stahlleitungen bilden, oft an schwer zugänglichen Stellen unter dem Fahrzeugboden. Von außen mag die Leitung noch intakt aussehen, doch innerlich ist sie bereits geschwächt. Bei einer plötzlichen Vollbremsung steigt der Druck im hydraulischen System schlagartig an – und die korrodierte Leitung platzt. Das Bremspedal fällt ins Leere, die Bremswirkung ist gleich null.

Dieser „plötzliche Bremsausfall“ ist für einen Gutachter selten wirklich plötzlich. Er ist das vorhersehbare Ergebnis einer schleichenden, aber nicht erkannten Materialermüdung. Eine einfache Sichtprüfung bei der HU reicht oft nicht aus, um solche versteckten Gefahren zu erkennen. Eine professionelle Inspektion setzt daher auf moderne Diagnosemethoden, um tief unter die Oberfläche zu blicken.

Moderne Werkstätten nutzen heute eine Kombination aus visuellen, mechanischen und elektronischen Prüfverfahren, um ein vollständiges Bild vom Zustand der Bremsanlage zu erhalten. Dazu gehören:

  • Endoskopische Untersuchung: Mit einer kleinen Kamera können auch verdeckte Bereiche der Bremsleitungen und schwer zugängliche Komponenten des ABS-Blocks auf Korrosion und Undichtigkeiten inspiziert werden.
  • Infrarot-Thermometrie: Nach einer Testfahrt wird die Temperatur jeder einzelnen Bremse gemessen. Ungleichmäßige Erhitzung ist ein klares Indiz für einen klemmenden Bremssattel oder eine ungleiche Bremskraftverteilung.
  • Druckprüfung des Systems: Mit speziellem Werkzeug kann das hydraulische System unter Druck gesetzt werden, um kleinste, sogenannte „schwitzende“ Leckagen aufzudecken, die zu einem schleichenden Verlust von Bremsflüssigkeit führen.
  • Tiefenanalyse der Bremsflüssigkeit: Neben dem Siedepunkt wird auch der Wasseranteil exakt bestimmt. Ein zu hoher Wasseranteil führt nicht nur zu einem niedrigeren Siedepunkt, sondern fördert auch die Korrosion im Inneren des Bremssystems.

Diese Methoden zeigen, dass eine echte Inspektion weit über das Messen der Belagstärke hinausgeht. Sie ist eine proaktive Suche nach den unsichtbaren Defekten, die im entscheidenden Moment den Unterschied zwischen einem sicheren Halt und einer Katastrophe ausmachen.

Die Sicherung Ihrer finanziellen und rechtlichen Position beginnt nicht erst nach einem Unfall, sondern lange davor. Der nächste logische Schritt ist daher, nicht länger zu warten. Vereinbaren Sie noch heute einen Termin für eine umfassende, dokumentierte Bremsprüfung bei einer qualifizierten Fachwerkstatt und bestehen Sie auf einem detaillierten Protokoll.

Geschrieben von Jürgen Müller, Jürgen Müller ist TÜV-Prüfingenieur und Sachverständiger für Fahrzeugsicherheit mit über 21 Jahren Erfahrung in Hauptuntersuchungen, Sicherheitsprüfungen und der Bewertung von Unfallfahrzeugen. Er ist spezialisiert auf sicherheitsrelevante Systeme, Lichtanlagen und Homologationsvorschriften.