
Entgegen der Intuition ist für maximale Sicherheit auf Schnee nicht der weichste, sondern ein gezielt strafferer Fahrwerksmodus die sicherere Lösung.
- Er reduziert das gefährliche Aufschaukeln (Wankneigung) des Fahrzeugs in Kurven und bei Lastwechseln.
- Er sorgt für einen konstanteren Reifenkontakt mit der Fahrbahn und optimiert so die Traktion der Winterreifen.
Empfehlung: Wählen Sie auf verschneiten Passstraßen bewusst den „Dynamic“- oder „Sport“-Modus, um die Fahrzeugstabilität aktiv zu erhöhen und ein souveräneres Fahrgefühl zu erlangen.
Die Szene ist vielen Autofahrern aus der Alpenregion vertraut: Eine frisch verschneite Passstraße, die sich in engen Serpentinen den Berg hinaufwindet. Sie sitzen in Ihrem modernen SUV, fühlen sich dank Allradantrieb und hoher Sitzposition eigentlich sicher. Doch in jeder Kurve, bei jedem leichten Bremsmanöver, scheint das Fahrzeug zu schwanken, sich aufzuschaukeln und vermittelt ein unangenehm instabiles Gefühl. Viele verlassen sich auf gute Winterreifen und eine vorsichtige Fahrweise, was zweifellos die Grundlage für Sicherheit ist. Doch was, wenn die entscheidende technologische Lösung bereits in Ihrem Auto verbaut ist, aber oft aus einem Missverständnis heraus falsch genutzt wird?
Wir sprechen vom adaptiven Fahrwerk, auch bekannt als DCC (Dynamic Chassis Control) oder Active Suspension. Die landläufige Meinung ist, dass der „Komfort“-Modus bei schlechten Straßenverhältnissen wie Schnee und Eis immer die beste Wahl sei. Schließlich soll die Federung ja weich sein, um Unebenheiten zu schlucken. Doch genau hier liegt ein weit verbreiteter Trugschluss, der die Sicherheit beeinträchtigen kann. Der Schlüssel zu maximaler Stabilität und Kontrolle auf glatten, kurvigen Bergstraßen liegt oft im Gegenteil: einer gezielt strafferen Dämpfereinstellung.
Dieser Artikel erklärt, warum Ihr Fahrzeug auf Schnee gefährlich aufschaukelt und wieso eine härtere Fahrwerkseinstellung diesem Phänomen entgegenwirkt. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihr adaptives Fahrwerk im Winter korrekt einstellen, beleuchten die Vor- und Nachteile im Vergleich zu anderen Fahrwerkstypen und decken die physikalischen Grenzen auf, die selbst die beste Technologie nicht überwinden kann. So verwandeln Sie ein reines Komfort-Feature in ein aktives Sicherheitswerkzeug für Ihre nächste Fahrt durch die winterliche Berglandschaft.
Um die komplexen Zusammenhänge zwischen Fahrwerk, Wetter und Fahrsicherheit zu verstehen, haben wir diesen Artikel in übersichtliche Abschnitte gegliedert. Die folgende Übersicht führt Sie durch die zentralen Aspekte für eine sichere Winterfahrt.
Inhaltsverzeichnis: Wie Sie Ihr Fahrwerk zur aktiven Sicherheitsreserve im Winter machen
- Warum schaukelt Ihr SUV auf verschneiter Passstraße gefährlich auf?
- Wie stellen Sie adaptive Dämpfer für Winterreifen härter ein?
- Hartes Sportfahrwerk für Bergstraßen oder komfortables Serienfahrwerk für 360 Tage?
- Warum bleibt Ihr tiefergelegtes Auto im 8-cm-Schnee stecken?
- Wann rosten Ihre Fahrwerksfedern nach einem Alpen-Winter durch?
- Warum versagen Ihre Bremsen bei Regen trotz neuer Bremsbeläge?
- Warum versagen Ihre Bremsen nach 8 km Alpenabfahrt trotz neuer Beläge?
- Wie Sie Reiseübelkeit Ihrer Kinder durch bessere Dämpfer um 80% reduzieren
Warum schaukelt Ihr SUV auf verschneiter Passstraße gefährlich auf?
Das Gefühl des Aufschaukelns in einem SUV oder einem anderen hochbauenden Fahrzeug auf einer kurvigen, rutschigen Straße ist mehr als nur unangenehm – es ist ein klares Warnsignal für Instabilität. Dieses Phänomen, technisch als hohe Wankneigung bezeichnet, hat seine Ursache im Zusammenspiel aus hohem Fahrzeugschwerpunkt und einer oft zu weich abgestimmten Serienfederung. SUVs sind aufgrund ihrer Bauweise naturgemäß anfälliger dafür. Angesichts der Tatsache, dass allein im Jahr 2024 in Deutschland fast 850.000 neue SUVs zugelassen wurden, ist dieses Problem weit verbreitet.
Auf einer verschneiten Passstraße wird dieser Effekt verstärkt. Jeder Lenkimpuls und jede noch so kleine Geschwindigkeitsänderung führt zu einer Lastverschiebung, die das Fahrzeug ins Schwanken bringt. Im „Komfort“-Modus eines adaptiven Fahrwerks sind die Dämpfer besonders weich eingestellt, um Stöße zu absorbieren. Auf glattem Untergrund führt diese Weichheit jedoch dazu, dass die Dämpfer den starken Karosseriebewegungen nicht schnell genug entgegenwirken können. Das Ergebnis: Das Auto schaukelt sich auf, die Radlastschwankungen nehmen zu und die Reifen verlieren kurzzeitig den optimalen Kontakt zur Straße. Dies führt zu einem unpräzisen Lenkgefühl und kann im Extremfall einen plötzlichen Traktionsabriss zur Folge haben.
Ein straffer eingestellter Dämpfer hingegen reduziert diese Wank- und Nickbewegungen drastisch. Er „stützt“ die Karosserie in Kurven besser ab, hält das Fahrzeug ruhiger und sorgt für einen konstanteren Anpressdruck der Reifen. Der scheinbare Widerspruch löst sich auf: Auf rutschigem Untergrund ist nicht maximaler Federungskomfort, sondern maximale Radkontrolle der entscheidende Sicherheitsfaktor.
Wie stellen Sie adaptive Dämpfer für Winterreifen härter ein?
Die Anpassung eines adaptiven Fahrwerks ist bewusst einfach gehalten und erfolgt direkt vom Fahrersitz aus. Nahezu alle Fahrzeuge mit dieser Technologie verfügen über einen sogenannten Fahrerlebnisschalter, der sich meist in der Mittelkonsole befindet. Dieser Schalter ist oft als Wippe oder Drehrad ausgeführt und mit Bezeichnungen wie „Drive Mode“, „Dynamic Select“ oder dem spezifischen Namen des Herstellers (z.B. Audis „drive select“) versehen.
Die mobile.de Redaktion beschreibt den Kern der Technologie treffend:
Die Technologie hilft dabei, die Spreizung des Fahrwerks zwischen Komfort und Dynamik in einem bestimmten Rahmen größer zu machen. Wenn du also gerne mal sportlich fährst, aber im Alltag nicht auf Komfort verzichten möchtest, unterstützt das adaptive Fahrwerk diesen Kompromiss.
– mobile.de Redaktion, mobile.de Fahrwerk-Ratgeber
Um die Dämpfer für eine Fahrt auf verschneiten Bergstraßen härter einzustellen, wählen Sie gezielt den Modus „Sport“ oder „Dynamic“. Diese Modi bewirken, dass die elektronisch gesteuerten Ventile in den Stoßdämpfern den Ölfluss verengen. Dadurch wird der Widerstand gegen schnelle Bewegungen erhöht – die Dämpfung wird straffer. Das Ergebnis ist eine spürbar geringere Seitenneigung in Kurven und reduzierte Nickbewegungen beim Bremsen und Beschleunigen. Das Fahrzeug fühlt sich direkter, stabiler und besser kontrollierbar an. Der Winterreifen kann so seine Arbeit effektiver verrichten, da er konstanter auf die Fahrbahn gepresst wird.

Einige Systeme bieten zusätzlich einen „Individual“-Modus, in dem Sie Lenkung, Motoransprechverhalten und eben auch das Fahrwerk getrennt voneinander konfigurieren können. Hier können Sie beispielsweise eine komfortable Lenkung mit einem straffen Fahrwerk kombinieren – eine ideale Einstellung für lange, kurvige Winterfahrten, bei denen es nicht auf maximale Sportlichkeit, sondern auf maximale Stabilität ankommt.
Hartes Sportfahrwerk für Bergstraßen oder komfortables Serienfahrwerk für 360 Tage?
Die Entscheidung für oder gegen ein adaptives Fahrwerk ist oft eine Abwägung zwischen Kosten und Nutzen. Ein hartes Sportfahrwerk bietet zwar exzellente Dynamik auf trockenen Bergstraßen, kann aber im Alltag durch mangelnden Komfort nerven. Ein weiches Serienfahrwerk ist bequem, stößt aber in dynamischen Situationen – wie auf einer verschneiten Passstraße – an seine Grenzen. Das adaptive Fahrwerk positioniert sich als die flexible Lösung, die beide Welten vereinen soll, was jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Eine von der AUTO ZEITUNG veröffentlichte Analyse verdeutlicht diese Unterschiede.
| Fahrwerkstyp | Anschaffungskosten | Vorteile | Nachteile |
|---|---|---|---|
| Standard-Fahrwerk | Serienmäßig | Keine Zusatzkosten, wartungsarm | Der Federweg ist mehr oder weniger vorgegeben und bewegt sich meist in einem engen Rahmen. |
| Adaptives Fahrwerk | Beim Neuwagenkauf muss man sich auf Zusatzkosten einstellen (ca. 1.000-3.000€) | Dämpfer können verhärtet werden und so für eine geringere Seitenneigung in Kurven oder geringere Nickbewegungen sorgen. | Der Hauptnachteil liegt jedoch in den hohen Kosten. Die Stoßdämpfer solcher Systeme sind sehr komplex und kosten entsprechend mehr. |
Der entscheidende Vorteil des adaptiven Systems liegt in seiner Spreizung. Sie „kaufen“ nicht ein Fahrwerk, sondern mehrere. Für die 95% der Fahrten im Alltag, auf Autobahnen oder in der Stadt, nutzen Sie den komfortablen Modus. Aber für die speziellen 5% – den Winterurlaub in den Alpen, die zügige Fahrt über die Landstraße oder die voll beladene Urlaubsfahrt – haben Sie die Möglichkeit, per Knopfdruck auf eine straffere, sicherere Abstimmung zu wechseln. Diese Flexibilität ist der Hauptgrund, warum sich der Aufpreis für Fahrer in Bergregionen oder solche mit häufigen Winterreisen lohnt.
Ein reinrassiges Sportfahrwerk wäre für den Alltag in Deutschland für die meisten Fahrer zu unkomfortabel. Ein Standardfahrwerk ist immer ein Kompromiss, der in Extremsituationen an seine Grenzen stößt. Das adaptive Fahrwerk löst diesen Kompromiss auf und bietet eine situativ optimale Lösung – Komfort, wenn möglich, und maximale Kontrolle, wenn nötig.
Warum bleibt Ihr tiefergelegtes Auto im 8-cm-Schnee stecken?
Selbst das fortschrittlichste adaptive Fahrwerk und der beste Allradantrieb sind machtlos gegen eine unumstößliche physikalische Größe: die Bodenfreiheit. Während ein adaptives Fahrwerk die Dämpferhärte regelt, bleibt die Distanz zwischen Unterboden und Straße bei den meisten Systemen (Ausnahme: Luftfederungen) konstant. Und diese ist bei sportlich tiefergelegten Fahrzeugen oft kritisch gering. Acht Zentimeter Neuschnee, die für ein SUV kaum eine Erwähnung wert sind, können für ein solches Auto bereits das unüberwindbare Ende der Fahrt bedeuten.
Das Problem ist simpel: Das Fahrzeug schiebt den Schnee vor sich her wie ein Schneepflug, bis der Widerstand zu groß wird. Gleichzeitig setzt die Karosserie auf dem verdichteten Schnee auf, was die Räder entlastet. Die Reifen verlieren den Kontakt zur festen Fahrbahn, ihre Traktion bricht zusammen und sie drehen hilflos durch. In Regionen, in denen aktuelle Schneemessungen Neuschneemengen von bis zu 5,33 Metern pro Saison zeigen, wird die Relevanz der Bodenfreiheit offensichtlich.
Hier zeigen sich die klaren Systemgrenzen. Ein adaptives Fahrwerk kann die Stabilität verbessern, solange die Räder Bodenkontakt haben. Ein Allradantrieb, wie er beispielsweise im Volvo EX30 zum Einsatz kommt, sorgt laut ADAC für mehr Sicherheit und Stabilität auf rutschigem Untergrund. Aber keine dieser Technologien kann ein Fahrzeug anheben, das bereits auf dem „Schneebauch“ liegt. Die einzige technische Lösung für dieses Problem ist eine adaptive Luftfederung (adaptive air suspension), die es dem Fahrer erlaubt, die Bodenfreiheit per Knopfdruck um mehrere Zentimeter zu erhöhen und so Hindernisse zu überwinden. Für Fahrer in schneereichen Regionen ist eine ausreichende Bodenfreiheit daher ein nicht verhandelbares Sicherheitsmerkmal, das bei der Fahrzeugwahl Priorität haben sollte.
Wann rosten Ihre Fahrwerksfedern nach einem Alpen-Winter durch?
Ein Winter in den Alpen ist eine extreme Belastungsprobe für jedes Fahrzeug, insbesondere für die Fahrwerkskomponenten. Die ständige Einwirkung von Feuchtigkeit, Streusalz und mechanischem Abrieb durch Splitt greift die Materialien aggressiv an. Fahrwerksfedern und Dämpfergehäuse, die oft nur durch eine dünne Lack- oder Pulverbeschichtung geschützt sind, sind hier besonders gefährdet. Sobald diese Schutzschicht durch einen Steinschlag beschädigt wird, beginnt der Korrosionsprozess. Das aggressive Salzwasser dringt ein und lässt den Stahl rosten. Angesichts einer durchschnittlichen Winterniederschlagshöhe von 270 Litern pro Quadratmeter in Deutschland wird das Ausmaß der Feuchtigkeitsbelastung deutlich.
Eine oberflächliche Rostschicht ist zunächst nur ein optisches Problem. Kritisch wird es, wenn die Korrosion tief in das Material eindringt und den Querschnitt der Feder schwächt. Dies führt zu einer Materialermüdung, die im schlimmsten Fall zum Bruch der Feder führen kann – ein massives Sicherheitsrisiko, das zum sofortigen Verlust der Fahrzeugkontrolle führen kann. Adaptive Dämpfer sind aufgrund ihrer komplexen Elektronik und Sensorik noch empfindlicher gegenüber eindringender Feuchtigkeit und Korrosion an Steckverbindungen.

Präventive und regelmäßige Pflege ist daher unerlässlich, um die Lebensdauer und Funktion des Fahrwerks zu sichern. Das bloße Abstellen des Fahrzeugs nach einer Fahrt auf gesalzenen Straßen reicht nicht aus. Salzreste binden Feuchtigkeit und beschleunigen die Korrosion auch in der Garage. Nur eine gründliche und regelmäßige Reinigung kann den schädlichen Prozess aufhalten.
Ihr Aktionsplan zur Fahrwerkspflege im Winter
- Regelmäßige Reinigung: Führen Sie nach Fahrten auf stark gesalzenen Straßen umgehend eine gründliche Unterbodenwäsche durch, um aggressive Salzablagerungen zu entfernen.
- Radkästen inspizieren: Reinigen Sie die Radkästen und die Bereiche um die Federbeindome sorgfältig von angesammeltem Schnee, Eis und Salz.
- Schutzschicht erneuern: Tragen Sie vor Beginn der Wintersaison ein spezielles Schutzwachs auf den Unterboden und exponierte Fahrwerksteile auf.
- Visuelle Kontrolle: Führen Sie alle paar Wochen eine Sichtprüfung der Dämpfergehäuse und Federn auf Rostansätze oder Beschädigungen der Beschichtung durch.
- Beschichtungen prüfen: Kontrollieren Sie die Federoberflächen gezielt auf Steinschläge oder Abplatzungen der Schutzschicht und bessern Sie diese bei Bedarf frühzeitig aus.
Warum versagen Ihre Bremsen bei Regen trotz neuer Bremsbeläge?
Das Phänomen ist als „Nassbremsfading“ bekannt: Sie treten bei starkem Regen auf die Bremse, doch für eine Schrecksekunde scheint fast nichts zu passieren. Dieses verzögerte Ansprechen hat nichts mit der Qualität Ihrer neuen Bremsbeläge zu tun, sondern mit einem Wasserfilm, der sich auf den Bremsscheiben bildet. Dieser Film muss erst durch die Reibung der Beläge „weggedampft“ werden, bevor die volle Bremswirkung einsetzen kann. Ein adaptives Fahrwerk kann hier indirekt, aber entscheidend zur Sicherheit beitragen.
Beim starken Bremsen kommt es zu einer dynamischen Achslastverschiebung: Die Front des Fahrzeugs taucht ein (Nickbewegung), während das Heck entlastet wird. Ein weich eingestelltes Fahrwerk verstärkt diesen Effekt. Die Hinterräder verlieren an Anpressdruck und können ihre Bremskraft nicht mehr optimal auf die Straße übertragen. Die Vorderräder müssen den Großteil der Arbeit leisten und neigen eher zum Blockieren, was das ABS-System zu Regeleingriffen zwingt und den Bremsweg verlängert.
Ein im „Sport“- oder „Dynamic“-Modus straff eingestelltes adaptives Fahrwerk wirkt dem entgegen. Es reduziert die Nickbewegung erheblich, hält die Karosserie stabiler und sorgt für eine ausgewogenere Verteilung der Bremskraft auf alle vier Räder. Jedes Rad kann effektiver zum Verzögern beitragen, was den Gesamtanhalteweg verkürzt und die Fahrzeugstabilität während des Bremsvorgangs verbessert. Die Wirksamkeit variiert jedoch je nach System, wie ein ADAC-Test zeigt:
Das Standard-Fahrwerk der Mercedes C-Klasse ist ungewöhnlich straff abgestimmt. Doch das optionale ‚Dynamic body control‘ mit Stahlfedern und adaptiver Dämpferregelung macht aus der Mittelklasse-Limousine auch keine Sänfte: Lediglich im Comfort-Modus bietet sie eine – begrenzte – Verbesserung des Fahrkomforts. Zuwenig, um den Aufpreis von über 1000 Euro zu rechtfertigen.
– ADAC-Tester, ADAC Vergleichstest
Diese Erfahrung unterstreicht, dass nicht jedes adaptive System eine dramatische Verbesserung darstellt. Dennoch ist das physikalische Prinzip klar: Weniger Nicken bedeutet eine bessere Bremsbalance und somit mehr Sicherheitsreserven, gerade bei Nässe.
Warum versagen Ihre Bremsen nach 8 km Alpenabfahrt trotz neuer Beläge?
Eine lange, steile Abfahrt in den Alpen stellt die höchste Belastung für eine Bremsanlage dar. Anders als bei einer einmaligen Vollbremsung wird hier über einen langen Zeitraum konstant Energie in Wärme umgewandelt. Das Problem ist nicht der Verschleiß der Beläge, sondern die extreme Hitzeentwicklung, die zum thermischen Versagen, dem sogenannten Brems-Fading, führen kann. Werden die Bremsscheiben und -beläge zu heiß (Temperaturen von über 600 °C sind möglich), sinkt ihr Reibwert drastisch – die Bremswirkung lässt spürbar nach, das Pedalgefühl wird teigig.
Im schlimmsten Fall kann die Hitze die Bremsflüssigkeit zum Sieden bringen. Da Gase komprimierbar sind, lässt sich das Bremspedal dann bis zum Bodenblech durchtreten, ohne dass eine nennenswerte Bremswirkung erzielt wird. Ein adaptives Fahrwerk kann hier nicht direkt die Bremstemperatur senken, aber es trägt indirekt zur Vermeidung dieses gefährlichen Zustands bei. Ein stabiles, ruhiges Fahrverhalten, wie es ein straffer eingestelltes Fahrwerk ermöglicht, fördert eine vorausschauende und gleichmäßigere Fahrweise. Der Fahrer ist weniger geneigt, in Panik zu geraten und unnötig stark zu bremsen.
Die wichtigste Technik zur Vermeidung von Fading ist jedoch die konsequente Nutzung der Motorbremse. Indem man einen niedrigen Gang wählt (bei Automatikgetrieben den manuellen Modus oder Bergabfahrassistenten nutzen), wird die Geschwindigkeit durch den Motor gehalten, ohne die Betriebsbremse dauerhaft zu belasten. Ein stabil liegendes Auto gibt dem Fahrer die nötige Ruhe und Souveränität, sich auf diese Technik zu konzentrieren und die Bremsen gezielt und kurz einzusetzen, anstatt sie schleifen zu lassen. Das adaptive Fahrwerk wird so vom reinen Dämpfungssystem zur unterstützenden Komponente für eine materialschonende und sichere Fahrtechnik am Berg.
Das Wichtigste in Kürze
- Für maximale Stabilität auf verschneiten Passstraßen ist ein straffer Fahrwerksmodus („Sport“/“Dynamic“) dem „Komfort“-Modus überlegen.
- Eine härtere Dämpfung reduziert das gefährliche Aufschaukeln (Wankneigung) und sorgt für konstanten Reifenkontakt und bessere Traktion.
- Adaptive Fahrwerke erhöhen nicht nur den Komfort, sondern auch die Sicherheit beim Bremsen und reduzieren die Reisekrankheit durch Minimierung von Karosseriebewegungen.
Wie Sie Reiseübelkeit Ihrer Kinder durch bessere Dämpfer um 80% reduzieren
Reiseübelkeit, auch Kinetose genannt, ist ein häufiges Problem, das vor allem Kinder auf langen, kurvigen Fahrten betrifft. Die Ursache ist ein sensorischer Konflikt im Gehirn: Die Augen melden, dass sich die Umgebung (das Auto-Innere) nicht bewegt, während das Gleichgewichtsorgan im Innenohr konstante Beschleunigungs-, Brems- und Seitwärtsbewegungen registriert. Dieser Widerspruch löst Symptome wie Schwindel, Unwohlsein und Übelkeit aus. Besonders ausgeprägt ist dies in Fahrzeugen mit weicher Federung, die zu starken Karosseriebewegungen neigen.
Hier spielt ein adaptives Fahrwerk seine Stärken voll aus. Wie bereits in den vorherigen Abschnitten erläutert, kann eine straffere Dämpfereinstellung die drei Hauptauslöser für Reiseübelkeit signifikant reduzieren:
- Wankbewegungen: Das seitliche Schwanken in Kurven wird minimiert.
- Nickbewegungen: Das Eintauchen beim Bremsen und Anheben beim Beschleunigen wird gedämpft.
- Vertikalbewegungen: Das „Schwingen“ nach Bodenwellen wird schneller unterbunden.
Indem Sie auf einer kurvenreichen Strecke wie einer Alpenstraße den „Sport“- oder „Dynamic“-Modus wählen, sorgen Sie für ein deutlich ruhigeres und stabileres Fahrverhalten. Das Fahrzeug liegt „satter“ auf der Straße, und die für die Passagiere spürbaren Bewegungen werden auf ein Minimum reduziert. Der sensorische Konflikt für das Gehirn der Mitfahrer wird kleiner, was die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Reiseübelkeit drastisch senkt. Paradoxerweise kann also der Modus, der sich für den Fahrer sportlicher und härter anfühlt, für die Passagiere auf dem Rücksitz der weitaus komfortablere und verträglichere sein.
Die richtige Nutzung Ihres adaptiven Fahrwerks ist somit nicht nur ein Gewinn für die Fahrdynamik, sondern eine aktive Investition in die Sicherheit und das Wohlbefinden aller Passagiere. Um das Gelernte zu festigen, ist es essenziell, sich die Grundprinzipien noch einmal vor Augen zu führen. Denken Sie daran, dass ein stabiles Fahrzeug die Basis für jede sichere Fahrt im Winter ist.
Häufige Fragen zu adaptiven Fahrwerken
Wie funktioniert die adaptive Fahrwerksregelung?
Die Regulierung erfolgt bei der Adaptiven Fahrwerksregelung DCC durch ein elektronisch angesteuertes Ventil im Stoßdämpfer. Dieses Ventil regelt den Ölfluss zwischen den Dämpferrohren. Je nach Einstellung fließt mehr oder weniger Öl zwischen diesen Rohren.
Welche Vorteile bietet DCC für den Fahrkomfort?
So sind weniger Nick-, Wank- und Vertikalbewegungen im Auto spürbar, da das Fahrwerk optimal an die Straßen- und Fahrverhältnisse angepasst werden kann. Gut geregelte Stoßdämpfer sorgen auch bei glatter Straße und enger Kurvenfahrt für eine gute Bodenhaftung aller vier Reifen. Auch der Bremsweg wird durch die bessere Bodenhaftung verkürzt.
Arbeitet das System automatisch oder manuell?
Die DCC-Fahrwerksregelung kann aktiv oder passiv arbeiten. Das heißt, sie kann vollkommen selbstständig oder auf Knopfdruck des Fahrers tätig werden.